Viersen Das lange Warten aufs Seniorenheim

Viersen · Der Caritasverband Kempen-Viersen plant, noch vor November mit dem Bau eines Seniorenheims in Süchteln zu beginnen. Doch viele Süchtelner sind besorgt, dass aus dem Projekt nichts wird

 Klaus-Walter und Resi Bleischwitz bewahren ein Stück Heimat im Notburgahaus: Gemälde und Postkarten zeigen Ansichten von Süchteln.

Klaus-Walter und Resi Bleischwitz bewahren ein Stück Heimat im Notburgahaus: Gemälde und Postkarten zeigen Ansichten von Süchteln.

Foto: Knappe

In Klaus-Walter Bleischwitz brodelt es noch immer. "Ich kann das nicht vergessen, ich bin einfach sauer", sagt der 73-Jährige. Der Ur-Süchtelner gehörte zu den Bewohnern des Irmgardisstifts der Caritas, die im Oktober 2015 kurzfristig wegen Brandschutzmängeln am Gebäude ausziehen mussten. "Wir hatten das aus der Zeitung erfahren. 45 Leute mussten innerhalb von acht Tagen raus", erinnert sich Bleischwitz. "Ich habe erlebt, wie Mitarbeiter und Bewohner bitterlich geweint haben." Seine Frau Resi und er kamen im Notburgahaus in Viersen unter. Was Bleischwitz nicht nachvollziehen kann: Der Kreis Viersen hat dem Caritasverband für die Region Viersen-Kempen im November 2016 bestätigt, dass sie in Süchteln ein neues Seniorenheim bauen kann - doch gebaut wurde bisher nicht. "Wieso verzögert sich das alles so?"

Die Bedarfsbestätigung des Kreis-Sozialamtes von 2016 gilt für 80 vollstationäre Pflegeplätze in Süchteln. Mit eingerechnet sind die 40 Plätze, die der Caritasverband seit August 2015 in einem Neubau neben dem Irmgardisstift anbietet. Der Kreis Viersen hat die Bedarfsbestätigung für zwei Jahre erteilt, sie gilt noch bis zum 28. November. Bis dahin müsste der Caritasverband also angefangen haben, zu bauen. In einer Verwaltungsvorlage für den Ausschuss für Soziales der Stadt Viersen hatte der Erste Beigeordnete Paul Schrömbges im vergangenen Oktober erläutert: "Für den Fall, dass die Frist versäumt wird, kann der Kreis Viersen entsprechend der dann gültigen Pflegeplanung neu entscheiden." Es sei möglich, die Frist zu verlängern oder einem anderen Träger die Bedarfsbestätigung zu erteilen. Es sei aber auch denkbar, dass der Kreis dann für Süchteln keine neue Bedarfsbestätigung mehr gibt, also auch kein neues Seniorenheim gebaut werden kann.

Peter Babinetz, Geschäftsführer des Caritasverbands Kempen-Viersen, betont: "Wir sind fest entschlossen, vor Ende November den Baustart zu realisieren. Daran arbeiten wir mit Hochdruck." Vor einigen Monaten sei damit begonnen worden, ein Haus mit 72 Einzelzimmern zu planen. Mit einem Architekturbüro würden nun unter anderem Raumaufteilung und Gebäudezuschnitt verfeinert. Auf einem rund 5800 Quadratmeter großen städtischen Grundstück an der Straße Am Wasserwerk soll gebaut werden. Gekauft habe es die Caritas noch nicht, sagt Babinetz. "Wir wollen da nicht irgendeine 08/15-Einrichtung hinsetzen", ergänzt er. Das Ziel sei, ein Haus zu bauen, in dem der Platz in den Zimmern optimal genutzt werde. Pro Pflegeplatz investiert die Caritas höchstens rund 100.000 Euro. So blieben die Kosten refinanzierbar. Die Bauzeit für so ein Projekt betrage in der Regel 18 Monate.

Wie Bleischwitz hat Heinz Prost von der Süchtelner Interessengemeinschaft Miteinander - Füreinander den Eindruck, dass die Caritas ihr Pojekt nicht ernsthaft vorantreibt. "Es tut sich nichts. Viele Süchtelner sind besorgt", sagt der 78-Jährige. "So einfach ist das nicht", entgegnet Babinetz. Nach der Schließung des Irmgardisstifts hätte zunächst der neue Anbau an der Bergstraße in ein Altenpflegeheim umgestaltet, der Verkauf des Stifts habe abgewickelt werden müssen. Es seien "unzählige Prozesse" zu regeln, Gespräche mit Banken und Zuschussgebern zu führen gewesen. "Wir sind uns bewusst, dass der November-Termin dasteht." Aber es bringe nichts, alles auf die Schnelle und nicht ordentlich auszuführen.

Wenn Bleischwitz auch auf die Caritas nicht gut zu sprechen ist: Den Standort Am Wasserwerk befürwortet er. "Da könnte man richtig schön im Wäldchen am Wasserwerk spazieren gehen", sagt der 73-Jährige. "Und ruckzuck ist man am Stadtgarten." Ob er gerne dort wohnen würde? "Nein. Dafür hat mich die Caritas zu sehr enttäuscht", antwortet Bleischwitz spontan. "Wir sind hier im Notburgahaus sehr gut aufgehoben." Dann denkt er nach, schaut sich in dem Doppelzimmer um, das seine Frau und er bewohnen. An den Wänden hängen Gemälde, die Süchtelns altes Stadttor zeigen, das alte Rathaus und die Süchtelner Höhen. In Regalen lagern 800 Ansichtskarten mit Motiven wie der Irmgardiskapelle und dem Weberbrunnen, Dutzende Bücher über den Stadtteil, an manchen hat er selbst mitgearbeitet. "Aber da sind diese Heimatgefühle...", räumt Bleischwitz ein - und könnte sich plötzlich doch vorstellen, irgendwann nach Hause zu kommen.

(RP)
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