Telefonaktion Das sind die zentralen Fragen zur Pflege

Viersen · Zu wenig Rente für das Altenheim, Sorge um ältere Verwandte oder Hilfe bei der Suche nach der passenden Wohnform: Bei diesen Fragen halfen die drei Experten Britta Bäcker, Doris Zingsheim und Martin Stoof bei der RP-Telefonaktion

 Im Gespräch mit den RP-Lesern (von rechts): Britta Bäcker von der Agentur für Arbeit in Krefeld, Doris Zingsheim vom Sozialdienst des Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen und und Martin Stoof, Leiter des Seniorenzentrums Haus Greefsgarten der Diakonie in Viersen.

Im Gespräch mit den RP-Lesern (von rechts): Britta Bäcker von der Agentur für Arbeit in Krefeld, Doris Zingsheim vom Sozialdienst des Caritasverbandes für die Region Kempen-Viersen und und Martin Stoof, Leiter des Seniorenzentrums Haus Greefsgarten der Diakonie in Viersen.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Viersen Zum "Tag der Pflege" beantworteten Britta Bäcker von der Agentur für Arbeit in Krefeld, Doris Zingsheim vom Sozialdienst der Caritas und Martin Stoof, Leiter des Seniorenzentrums Haus Greefsgarten, gestern die Fragen der RP-Leser. Die häufigste Frage: Wer kommt für das Pflegeheim auf, wenn die eigene Rente dafür nicht reicht?

Was tun, wenn man selbst oder ein Verwandter nach einem Krankenhaus-Aufenthalt entlassen wird und eine selbstständige Versorgung unmöglich ist?

"Am besten schaltet man noch im Krankenhaus den sozialen Dienst ein", sagt Martin Stoof. Dieser beantragt die Begutachtung durch den medizinischen Dienst, der medizinische Dienst nimmt die Zuordnung zur Pflegestufe vor. Die Mitarbeiter könnten prüfen, ob sich der Patient allein versorgen kann und wie viel Unterstützung notwendig ist. ",Wie geht es nach einer Operation oder einer Krankheit weiter?' - diese Fragen hören wir oft", sagt Stoof. Nicht immer sei dann ein Pflegeheim die passende Antwort. Manchmal sei auch eine zeitlich begrenzte Unterbringung in der Kurzzeitpflege die passende Lösung - so lange, bis der Pflegebedürftige wieder in seine eigenen vier Wände zurückkehren und dort allein seinen Alltag gestalten könne.

Mein Onkel wäscht sich nicht, vergisst immer wieder Sachen. Ich fürchte, dass er dement ist. Wer kann mir helfen?

"Endgültige Klarheit über eine möglicherweise beginnende Demenz kann nur eine ärztliche Untersuchung bringen" sagt Doris Zingsheim. Dies könne etwa ein Neurologe feststellen. Wenn es um die Einschätzung einer Pflegebedürftigkeit gehe, sei der Medizinische Dienst der richtige Ansprechpartner. Wenn er den Pflegebedürftigen untersucht, sollten Angehörige dabei sein, sich vorher Notizen gemacht haben. "Sie können ein detaillierteres Bild vom Alltag geben und zusätzliche, wichtige Informationen liefern", so Zingsheim.

Meine Verwandte lebt noch in der eigenen Wohnung. Ich habe aber Sorge, dass sie ihren Alltag nicht mehr ohne Hilfe bewältigen kann und nicht gut auf sich achtet. Wann muss ich einschreiten?

"In unserer Einrichtung müssen wir handeln, sobald Gefahr für Leib und Leben besteht", schildert Martin Stoof. Allerdings habe jeder Bewohner das Recht, sein Leben nach seinen Vorstellungen zu gestalten. "Wenn jemand etwa Gegenstände hortet, dann kann ich ihn nicht daran hindern", sagt der Leiter von "Haus Greefsgarten". Er und sein Team würden aber dann eingreifen, wenn Infektionen oder andere Gefahren drohen. "Jeder hat seine eigenen Vorstellungen, die oft auch in der Vergangenheit begründet sind - und die sich von denen der Verwandten durchaus unterscheiden können", so Stoof. Das kann Doris Zingsheim nur unterstützen und nennt als Beispiel "unterschiedliche Standards von Körperpflege": "Jeder hat auch ein Recht auf individuelle Lebensführung."

Kann ich auch in ein Altenheim umziehen, wenn ich nicht pflegebedürftig bin?

"Generell ist das möglich, aber vielleicht nicht die richtige Betreuungsform", sagt Martin Stoof. Dabei sei aber zu bedenken, dass der Bewohner allein die Kosten tragen müsse - und die könnten in einem Seniorenzentrum für die Pflegestufe Null bei rund 2200 Euro liegen. Hier würden sich alternative Wohnformen anbieten, wie etwa "Wohnen mit Serviceleistungen". Dies seien barrierefreie Wohnungen, bei denen die Mieter Unterstützung anfordern könnten, sobald sie diese brauchen. Dazu gehören etwa Hilfe im Haushalt, beim Einkaufen oder beim Putzen. "Bezahlt werden muss nur das, was man auch in Anspruch nimmt. Dies könne die richtige Lösung für all diejenigen sein, die sich noch allein versorgen können, die aber die Möglichkeit von Unterstützung haben möchten.

Was kostet etwa der Aufenthalt in einem Altenheim? Was passiert, wenn meine Rente zu klein ist?

Martin Stoof erläutert eine Beispielrechnung für 30 Tage in "Haus Greefsgarten" bei Pflegestufe 1: "Das kostet rund 2888 Euro". Von der Pflegekasse kommen rund 1060 Euro. Die Differenz sei selbst zu bezahlen. Jeder Bewohner könne aber einen Antrag auf Pflegewohngeld - das sei keine Sozialzahlhilfe - stellen. "An Pflegewohngeld werden bei uns bis zu 348 Euro pro Monat gezahlt", sagt der Einrichtungsleiter. Genügen die eigenen Mittel nicht, so könnten laut Doris Zingsheim die Kinder herangezogen werden oder Wohneigentum müsse vermietet oder verkauft werden. Generell gelte: Die Kosten für die einzelnen Pflegestufen seien vom Einzelfall und von der Einrichtung abhängig.

Wann ist der richtige Zeitpunkt, um über den Umzug ins Altenheim nachzudenken?

"Man sollte dies so früh wie möglich tun - auch wenn sich niemand damit beschäftigen möchte, so lange er oder sie es nicht muss", sagt Doris Zingsheim. Jeder wolle schließlich so lange wie möglich selbstständig in der eigenen Wohnung oder im eigenen Haus bleiben. "Doch wer sich früh über sein Leben im Alter Gedanken gemacht, kann sich selbst etwas aussuchen", sagt Martin Stoof. Wer etwa nach einer Operation nicht mehr nach Hause könne, habe diese Auswahl nicht: "Oft muss dann innerhalb weniger Tage eine Entscheidung getroffen werden." Generell sei der Trend festzustellen, dass sich Menschen immer später für ein Seniorenheim entscheiden: "Die Bewohner kommen später zu uns, die Verweildauer sinkt."

Welche gesetzlichen Änderungen stehen bei der Pflegeversicherung bevor?

Im kommenden Jahr will die Bundesregierung die Pflegebegriffe neu definieren (Pflegestärkungsgesetz II). "Demnach soll es statt drei Pflegestufen fünf Pflegegruppen geben. Der Eigenanteil an den Pflegekosten soll aber in jeder Pflegegruppe gleich hoch sein - im Unterschied zur aktuellen Regelung", erläuert Martin Stoof.

Ich interessiere mich für einen in Beruf in der Kranken- oder Altenpflege: Was muss ich darüber wissen?

"Was viele nicht wissen: Die Ausbildung zum Kranken- oder Altenpfleger ist zu 80 Prozent identisch", sagt Britta Bäcker von der Krefelder Agentur für Arbeit. "Schon jetzt werden Pflegefachkräfte dringend gebraucht und der Bedarf wird durch den demografischen Wandel noch weiter steigen." Bis zum Jahr 2030 werden sogar zwischen 5000 und 10.000 Fachkräfte in der Pflegebranche fehlen - so lauten Prognosen. "Berufe in der Pflege sind standort-, krisen- und globalisierungssicher", sagt Bäcker. Interessant seien sie für Frauen, die nach der Kindererziehung wieder in den Beruf einsteigen möchten, etwa in Teilzeit. Die aktuelle Nachfrage bestätigt Martin Stoof: "Wir suchen immer wieder Fachkräfte."

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort