Kreis Viersen Das zahlt der Kreis für Hartz-IV-Wohnungen

Kreis Viersen · Der größte Posten im Kreishaushalt sind mit 51 Millionen Euro die Kosten zur Unterkunft. Ein Institut ermittelt, wie teuer "angemessener Wohnraum" für Hartz-IV- und Sozialhilfeempfänger sein darf

Eine 50 Quadratmeter große Wohnung darf ein Hartz-IV- oder Sozialhilfeempfänger laut Gesetzgeber bewohnen. "Für jede weitere Person im Haushalt rechnet man 15 Quadratmeter dazu", erklärt Katarina Esser, Sozialdezernentin im Kreis Viersen. Wie viel aber darf die Wohnung kosten, wenn der Kreis sie bezahlt? Keine leichte Frage, wenn die Mietkosten je nach Region und Wohnungsmarkt variieren. Der Kreis Viersen hat nun eine fundierte Antwort gefunden beziehungsweise finden lassen. Das Institut Empirika hat den Wohnungsmarkt im Kreis Viersen studiert und zwei Jahre rund 8000 Mietwohnungsangebote ausgewertet.

Ergebnis: In Viersen liegt die "angemessene" Netto-Kaltmiete für einen Ein-Personen-Haushalt bei 260 Euro. In Kempen muss der Kreis einen Hartz-IV- oder Sozialhilfeempfänger mit 300 Euro unterstützen. "Es gibt lokale Schwankungen. Deshalb haben wir sechs Vergleichsräume gebildet: Viersen, Kempen, Willich, Tönisvorst sowie Nettetal-Grefrath und Brüggen-Schwalmtal-Niederküchten", sagt Sozialdezernentin Esser.

"Das bedeutet aber nicht, dass wir unsere Leistungsbezieher auffordern, in die günstigere Kommunen umzuziehen. Denn oft geht es dabei ja auch um Kindertagesplätze und Schulwege einer Familie", erklärt Frank Olislagers, Leiter des Kreissozialamts. Die Kosten der Unterkunft würden in jedem Einzelfall geprüft, und es werde geschaut, was zumutbar sei.

"Die Kosten der Unterkunft sind immerhin mit 51 Millionen Euro der größte Einzelposten im Haushalt des Kreises", sagt Olislagers. Gut 10.700 Leistungsbezieher erhalten Kosten zur Unterkunft vom Kreis. Weil es sich zum Teil auch um Bedarfsgemeinschaften handelt, sind rund 20.000 Menschen betroffen.

Für den Kreis Viersen sind die Erhebungen des Instituts keine Zahlenspielerei: Die angemessene Netto-Kaltmiete ist eine Maßgröße, welche Miete für einen Leistungsbezieher zumutbar und sinnvoll ist; sie muss vor Gericht Bestand haben.

"Als Leistungsträger ist der Kreis Viersen bei den Zahlungen der Unterkunft gehalten, ein schlüssiges Konzept vorzulegen", erklärt Sozialdezernentin Esser. Seit Jahren werde vor den Sozialgerichten darüber gestritten, was "angemessene Kosten der Unterkunft" seien. "Wir brauchten deshalb gerichtsfeste Zahlen", sagt Esser. Mit Bordmitteln habe man keine fundierten Zahlen ermitteln können. Auch in Zukunft wird der Kreis die angemessenen Mietkosten ermitteln. "Gerade jetzt, da der Wohnungsbau gefördert wird, werden wir die Zahlen regelmäßig anpassen", sagt Olislagers.

Zu überraschenden Ergebnissen kam der Kreis bei der Auswertung der "kalten Nebenkosten", die alles bis auf Heizung umfassen. Anders als bei den Mietkosten ist Kempen bei den kalten Nebenkosten günstiger als Viersen. In Kempen liegen sie bei einer 50-Quadratmeter-Wohnung bei 60 Euro, in Viersen bei 100 Euro. "Möglicherweise hängt das mit den Wohnungsstandards zusammen", mutmaßt Olislagers.

(RP)
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