Kreis Viersen "Den Laden nicht dicht machen, aber einen Nadelstich setzen"

Kreis Viersen · Leerer Busbahnhof, volle Züge und volle Straßen. Die meisten Bürger waren gestern auf den zweiten Warnstreik im öffentlichen Dienst vorbereitet

 Der Viersener Busbahnhof war gestern menschenleer.

Der Viersener Busbahnhof war gestern menschenleer.

Foto: saja

Die Türen der Kita Bongartzstift in Nettetal-Lobberich bleiben heute zu. Die Belegschaft streikt. "Wir sind sehr stolz, dass Erzieher so gut organisiert sind", sagte Roland Peter Brüster-Schmitz, Ortsverbandsvorsitzender der Komba-Gewerkschaft in Nettetal. Als Beamter hat er sich einen Tag freigenommen, um den Beschäftigten von Bund und Kommunen in der dritten Tarifrunde bei einer Kundgebung in Bonn beizustehen - und die Eltern der rund 110 Kinder der Lobbericher Kita mussten für heute umdisponieren. "Viele verstehen es", sagte Brüster-Schmitz.

Auch die Nettetaler Stadtverwaltung zieht mit. Brüster-Schmitz rechnete gestern damit, dass dort heute rund 40 Mitarbeiter fehlen werden, manchmal seien es unerwartet deutlich mehr. "Wir wollen den Laden nicht dicht machen, aber einen Nadelstich setzen", erklärte er. Eng werde es heute voraussichtlich in der Gewerbeannahmestelle, im Bürgerservice und in der Stadtkasse. Die Beschäftigten fordern unter anderem höhere Löhne.

Bereits für gestern hatte Verdi dazu aufgerufen, die Arbeit niederzulegen. Die Großveranstaltung in Köln sei sehr positiv verlaufen, sagte Dominik Kofent, Bezirksgeschäftsführer Linker Niederrhein. Das sei nur ein Vorgeschmack gewesen: "Wenn es bei den Verhandlungen am Sonntag und am Montag keine Einigung gibt, sprechen wir mit unseren Mitgliedern über einen unbefristeten Streik."

Der Viersener Busbahnhof war gestern nahezu verwaist. Vereinzelt standen Menschen an den Haltestellen, weil sie auf einen DB Rheinlandbus warteten, der nicht bestreikt wurde. Der Ausfall der NEW-Busse dagegen machte sich auf den Straßen bemerkbar. Gut 270 Kilometer Stau gab es landesweit. Die Taxi-Unternehmen im Kreis Viersen hatten gut zu tun. "Es gab mehr Nachfragen als sonst", sagte Heike Müller von Minicar Dülken. "Wir hatten trotzdem nur Wartezeiten von zehn Minuten. Das war kein Vergleich zum ersten Streik im März. Da waren wir voll im Stress." Auch die Deutsche Bahn konnte die Folgen des Streiktags gut bewältigen. "Die Züge sind voller, aber es läuft alles rund", sagte ein Sprecher.

Bürger, die ein Anliegen bei der Kreisverwaltung haben, sollten sich nicht den heutigen Tag dafür auswählen. Das rät Birgitt Dürrmann, Vorsitzende des Komba-Ortsverbands Viersen. Vom Streik betroffen sind unter anderem das Katasteramt, die Ausländerbehörde und Jugendamt. Auch einige Schulpsychologen streiken.

Gut 40 Mitarbeiter der Kreisverwaltung sind heute zur Kundgebung der Komba in Bonn gefahren. "Das ist nicht viel. Im Kreishaus arbeiten rund 1100 Menschen", sagt Dürrmann. "Viele Mitarbeiter zweifeln, ob es überhaupt Sinn macht, aber die Wut im Bauch wächst."

Für Jürgen Rücker vom Katasteramt macht der Streik Sinn. "Unsere Dienststelle bleibt heute geschlossen", sagt Rücker. "Vor allem ärgert mich die "Borniertheit der Arbeitgeber, die nicht mal ein Angebot vorgelegt haben." Rücker würde sich eine stärkere Beteiligung wünschen. "Natürlich gibt es im Kreishaus viele Beamte. Sie dürfen nicht streiken, könnten aber einen Tag Urlaub nehmen, um ein Signal zu setzen."

(RP)
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