Viersen Der Keulenwerfer

Viersen · Mit 16 Jahren gehört Luca Pferdmenges in Jongleur-Kreisen zu den fünf Besten der Welt. Täglich trainiert er bis zu zwei Stunden. Jonglage ist aber nicht nur mit Übung und Konzentration, sondern auch mit Schmerz verbunden

 Luca Pferdmenges balanciert einen Stab auf seiner Nase. Für den Jongleur eine der leichtesten Übungen.

Luca Pferdmenges balanciert einen Stab auf seiner Nase. Für den Jongleur eine der leichtesten Übungen.

Foto: Jana Bauch

Die Mädchen fangen an, hinter vorgehaltener Hand zu kichern. Meist in kleinen Grüppchen auf dem Schulhof. Sie beobachten Luca Pferdmenges meist eine Weile bis ein Mädchen zu ihm herüberstolpert und fragt: "Kann ich ein Autogramm von dir haben?"

Jugendliche kennen den 16-Jährigen aus seinen Videos, die er bei Youtube, Facebook und Instagram veröffentlicht. Luca ist kein Fußballer, er gibt auch keine Schminktipps. Er ist Show-Jongleur. Und damit ist er so erfolgreich, dass die Mädchen aus der Schule den Teenie mit dem blonden Lockenkopf die vergangenen zwei Wochen gar nicht zu Gesicht bekommen haben. Für die Teilnahme an der Show "Aura - Feuerwerk der Turnkunst", die im Januar durch Deutschland zieht, wurde er für 14 Tage vom Unterricht befreit. Statt Mathe-Formeln durcheinander zu werfen, schwingt Luca Bälle, Ringe und Keulen durch die Luft, nicht selten vor Zehntausenden von Zuschauern. Das macht er nicht allein, sondern im Quartett mit drei anderen Jongleuren. Sie nennen sich "Jonglissimo" und haben in der Aura-Show ihre festen Auftritte.

Wenn sie alle vier gleichzeitig jonglieren, fliegen bis zu 19 LED-Keulen durch die Luft, die passend zur Musik ihre Farbe ändern. "Je mehr Leute gemeinsamjonglieren, desto fehleranfälliger wird das Muster", sagt Luca. Keulen können zum Beispiel im falschen Winkel auf der Handfläche landen, das ist schwer zu korrigieren."

Beim Blick auf Lucas Handflächen sind kleine Schnitte in der Haut zu sehen. "Die Keulen können schon hin und wieder einschneiden", sagt er und fährt mit seinem Finger über die Handinnenflächen. Er habe sich auch schon den ein oder anderen Fingernagel eingerissen. Der Teenager zuckt mit den Schultern. Ihn stört das nicht. Er liebt die Jonglage, trainiert täglich bis zu zwei Stunden. Mit zehn Jahren begann Luca mit seinem Hobby im Jonglierclub Mönchengladbach - damals mit drei Bällen. Der Junge steigerte sich schnell, so schnell, dass er sich am Niederrhein doch etwas unterfordert fühlte. Auf einer Jonglier-Convention in den Niederlanden, einem Treff mit mehr als 7000 Künstlern aus aller Welt, erhielt Luca einen neuen Motivationsschub: Zum ersten Mal in seinem Leben sah er einen Mann, der allein sieben Keulen gleichzeitig jonglierte. In Fachkreisen gilt Luca schon lange nicht mehr als Talent, langjährige Show-Jongleure zählen ihn unter die Top-Fünf der Welt. Er hält mehrere Weltrekorde, so schafft der Giesenkirchener mit fünf Bällen in einer Minute 330 gefangene Würfe. Seine Lieblingsstücke sind aber die Keulen. 24 Minuten am Stück kann er mit fünf von ihnen jonglieren. Danach ist auch Luca völlig aus der Puste. "Jonglieren hat viel mit Ausdauer zu tun, das ist mit Joggen zu vergleichen", sagt der Schüler.

Deswegen könne auch jeder auf diesem Niveau jonglieren - langes Training vorausgesetzt. "Das ist eine Streitfrage unter Jongleuren", sagt Luca, "aber ich bin der Überzeugung, dass Talent keine Rolle spielt." Ob sich jeder, auch nach langem Training, die Namen der verschiedenen Muster und Tricks der Jonglage merken kann ist fraglich. Ein typischer Satz unter Jongleuren: "Gestern habe ich einen 97531744 geschafft." Damit ist ein besonders hoch geworfener Trick mit fünf Bällen gemeint.

Ähnliche Zahlenwirrwarrs präsentieren Luca und seine Kollegen von Jonglissimo am Samstag im Düsseldorfer ISS Dome. Nach Auftritten in Hannover, Bremen und Berlin eine Art Heimspiel für den Mönchengladbacher. Damit geht auch das Tournee-Leben vorerst zu Ende. Am Gymnasium Giesenkirchen warten auf den Zehntklässler die jüngeren Mitschülerinnen. Das ist Luca deutlich lieber als mancher Fan auf der Tour. "In der Olympiahalle in München ist ein Fan auf uns zugekommen und ist völlig ausgerastet", schmunzelt Luca. "Aber das war gruselig, immerhin war das eine erwachsene Frau."

(laha)
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