Brüggen Der lange Weg zum schnellen Netz

Brüggen · Die Brüggener Wirtschaftsförderung versucht gerade auf vielen Wegen, für schnelles Internet zu sorgen. Vor allem Unternehmen ist dies wichtig. Doch bisher gibt es wenig Hoffnung, dass das Netz bald ausgebaut wird.

 Über Glasfaserleitungen können große Datenmengen schnell übertragen werden.

Über Glasfaserleitungen können große Datenmengen schnell übertragen werden.

Foto: Telekom

Wenn der Computermonitor Minute um Minute eine Sanduhr oder einen Wartekringel zeigt, haben schon viele den Drang verspürt, das Gerät aus dem Fenster zu werfen. Schließlich zeigen die Symbole, dass es dauert, bis man am Rechner tun kann, was man möchte. Ob deshalb viele Computer aus den Fenstern Brüggener Unternehmen geflogen sind, ist nicht bekannt. Verwunderlich wäre das nicht. Schließlich ist das Internet in Teilen der Gewerbegebiete so langsam, dass sich Webseiten ewig nicht öffnen und Wartekringel die Mitarbeiter zur Weißglut bringen.

Marko Schmitz kennt das. Er leitet das Unternehmen Schmitz Druck & Medien im Weihersfeld. Seit 1890 gibt es die Firma, sie ist in Brüggen verwurzelt, die meisten der 50 Mitarbeiter kommen aus der Burggemeinde. Trotzdem sagt Schmitz: "Wenn ich heute ein Unternehmen gründen würde, würde ich schauen, dass ich das in einer Gemeinde tue, in der ich für einen vertretbaren Preis schnelles Internet erhalte." Und das wäre nicht in Brüggen.

Mit bis zu 16 Megabit pro Sekunde können seine Mitarbeiter Daten aus dem Internet herunterladen, mit etwa einem Zwanzigstel davon hoch - das entspricht der typischen DSL-Geschwindigkeit. Vielen privaten Internetnutzern reicht sie aus. Für Firmen wie Schmitz Druck & Medien hingegen ist sie zu langsam. Das Unternehmen produziert unter anderem Magazine und muss große Datenmengen aus dem Internet herunter- oder ins selbige hochladen. "Wenn wir das machen, können manchmal keine anderen Internetseiten aufgerufen werden", erzählt Schmitz. Und der Up- oder Download dauert oft Stunden.

Die Fraktion der Grünen hatte nun im Ausschuss für Wirtschaftsförderung beantragt, die Gemeinde solle Unternehmen fragen, was für eine Breitbandversorgung sie brauchen. Dann solle sie auf Basis der Antworten mit Telekommunikationsanbietern verhandeln, um die Versorgung zu verbessern. Doch diese Verhandlungen gibt es längst, berichtete Wirtschaftsförderer Guido Schmidt. Allerdings sind sie von Niederlagen geprägt. Ein Beispiel dafür ist Haverslohe: Das bayerische Unternehmen MVOX sollte dort das Internet ausbauen. Bezirksregierung und Gemeinde sagten Zuschüsse zu, 2009 schloss man einen Vertrag. Dann passierte nichts. Schließlich gestand MVOX ein, dass es den Ausbau nicht schaffen würde. Erst Jahre später gelang er mit Hilfe der Telekom.

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Große Teile der Gewerbegebiete sind aber noch längst nicht ans schnelle Netz angeschlossen. Dabei sieht Schmidt eine hohe Bedeutung für die Gemeinde: "Es ist für den Verkauf von Gewerbegrundstücken und die Ansiedlung von Arbeitsplätzen unabdingbar, dass wir das Netz ausbauen." Derzeit arbeitet er gemeinsam mit Kollegen aus den Verwaltungen in Niederkrüchten und Schwalmtal daran, das Problem zu lösen. Die Gemeinden fragten unter anderem bei RWE an, ob das Glasfasernetz ausgebaut werden könnte. RWE bejahte dies - verlangte aber hohe Zuzahlungen.

Ein Lichtblick ist eine Zusage der Telekom. Sie hat erklärt, sie wolle bis Ende 2016 einen Teil der Netze ausbauen. Dann soll eine Download-Geschwindigkeit von 50 Mbit pro Sekunde möglich sein. Allerdings betrifft dies größtenteils Gebiete, in denen schon heute passable Geschwindigkeiten erreicht werden. Andere - wie Alst, Boerholz, Oebel, Genholt, Lüttelbracht, Genrohe und die Gewerbegebiete - müssten weiter mit niedrigen Geschwindigkeiten auskommen. Weitere Verhandlungen laufen mit Firmen in den Niederlanden, bisher ohne konkrete Zusagen. Und Schmidt untersucht derzeit gemeinsam mit Mitarbeitern der Gemeindewerke, ob sich durch alte Wasserleitungen Glasfaserkabel verlegen ließen.

Der Druckunternehmer Schmitz hofft, dass die Gemeinde bald vorankommt. "Die Datenpakete werden in Zukunft viel größer", prognostiziert er. Schon jetzt gibt es zum Beispiel einige Grafikprogramme nicht mehr auf CDs, DVDs oder anderen Datenträgern zu kaufen. Stattdessen laufen sie über das Internet und lassen sich am besten mit schnellen Leitungen nutzen. Dies, sagt Schmitz voraus, werde in Zukunft auch Firmen betreffen, die heute mit deutlich weniger Datenmengen auskommen als seine.

Nachdem Wirtschaftsförderer Schmidt im Ausschuss zeigte, wie er gerade versucht, für einen Netzausbau zu sorgen, zogen die Grünen ihren Antrag übrigens zurück. Schmidt sagte aber zu, die Politik einzubinden, wenn es etwas Konkretes zum Breitbandausbau gibt. Bis dahin brauchen Internetnutzer vor allem eins: viel Geduld - und Toleranz gegenüber dem Wartekringel.

(RP)
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