Viersen "Die Flüchtlinge sind hier willkommen"

Viersen · Rund eine Million Euro muss Viersen in diesem Jahr für Unterkunft und Betreuung der zu erwartenden Flüchtlinge mehr aufbringen. "Dies müssen Stadt und Bürger gemeinsam leisten", sagt Bürgermeister Günter Thönnessen. "Das ist alternativlos."

Was ist was - Begriffe zum Thema Flüchtlingsunterkünfte
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Foto: dpa, rwe lof

Bürgermeister Günter Thönnessen bereitet die Viersener auf Veränderungen vor. "Es rollt eine Flüchtlingswelle auf Deutschland zu, die wird auch unsere Stadt treffen", sagt Thönnessen. Doch der Verwaltungschef weiß auch: Was genau Viersen erwartet, kann derzeit niemand mit Sicherheit sagen. "Den Verteilungsmechanismus können wir als Kommune nicht mitbestimmen, sicher ist nur, dass die Menschen bei uns vor der Türe stehen. Und wir werden sie in unserer Stadt willkommen heißen."

Parallel laufen vor allem im städtischen Sozialdezernat die Vorbereitungen seit Monaten auf Hochtouren. Bereits im Herbst wurde durch Anmietung von Wohnungen die Unterbringungskapazität auf 292 Plätze erhöht. Mitte Januar prognostizierte das zuständige Bundesministerium ein weiteres Anwachsen des Flüchtlingsstroms nach Deutschland. Derzeit geht man von rund 300 000 Erst- und Folgeanträgen aus. Das sind rund 100 000 Personen mehr als 2014.

Dem entspricht auch die Zahl der Zuweisungen nach Viersen. Lag diese 2013 noch insgesamt bei 80, stieg sie im vergangenen Jahr auf 189. "In den beiden ersten Monaten dieses Jahres sind uns von der Bezirksregierung Arnsberg bereits 83 betroffene Personen zugewiesen worden", so Sozialdezernent Dr. Paul Schrömbges, der die Zahl der Unterkünfte in der Kreisstadt zwischenzeitlich weiter erhöht hat. Zum 1. März gibt es in den vier Übergangsheimen in Viersen 232 Plätze, dazu kommen sieben Wohnungen mit weiteren 120 Plätzen. Insgesamt 320 Personen sind in den Einrichtungen untergebracht.

"Derzeit werden uns wöchentlich weitere zehn bis 15 Personen zugewiesen", ergänzt der Beigeordnete. "In der Regel haben wir eine Vorankündigung von 48 Stunden, dann sind die Menschen hier und müssen versorgt werden." Die Verwaltung geht davon aus, dass für das Jahr 2015 noch weitere 200 Plätze in der Stadt eingerichtet werden müssen. Sie verhandelt derzeit über kurzfristig realisierbare Anmietungen von Wohnraum mit den Baugesellschaften GWG und VAB sowie der Pfarre St. Remigius. Gespräche mit dem Bistum Aachen, dem Landschaftsverband Rheinland und den beiden Viersener Krankenhäusern zielen auf die zweite Jahreshälfte. Zudem prüft die Stadt für die Folgejahre die Errichtung eines weiteren Übergangsheims im Gebäude der Diergardtschule oder - als Wohncontainer - am Standort Buscherfeld im Rahser. "Gerne können uns auch Privatpersonen Wohnungen anbieten", fügt Schrömbges hinzu. (Sozialverwaltung Viersen: Rufnummer 02162 101-290 oder -400).

Günter Thönnessen sieht die Stadtverwaltung und die Viersener Bürger in der Verantwortung. "Die Menschen müssen eine Heimat bekommen", sagt der Bürgermeister. Natürlich seien Planung und Finanzierung schwierig: "Das ist eine Gratwanderung, doch die müssen wir gemeinsam meistern." Gleichzeitig erklärt der Verwaltungschef, dass diese nicht zum Nulltarif zu haben ist. "Wir müssen zusammen an einer menschenwürdigen Unterkunft und Betreuung arbeiten. Das ist für alle eine umfangreiche Aufgabe, der wir uns auch mit Blick auf Plätze in den Kindergärten und Schulen stellen müssen", so Thönnessen. Für den Kämmerer ist es derzeit schwer, die Mehrkosten für den städtischen Haushalt genau zu beziffern. Sozialdezernent Schrömbges geht von einer hohen sechsstelligen oder gar siebenstelligen Summe aus: "Mich würde es nicht wundern, wenn für die Stadt Mehrkosten von rund einer Million Euro entstehen würden." Der Personalbereich ist bereits aufgestockt: drei weitere Hausmeister sowie eine Verwaltungskraft wurden eingestellt, dazu eine Betreuungsstelle erweitert. Gerade vor der Leistung der Hausmeister zeigt Thönnessen Hochachtung: "Diese Kräfte machen quasi einen Multifunktionsjob. Mal sind sie eine Art Sozialarbeiter, dann wird repariert und schließlich beim Ausfüllen von Formularen geholfen."

Kosten für Flüchtlinge: Die wichtigsten Antworten
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Foto: dpa, rwe lof

Gleichzeitig ist so manches Problem, das es in Nachbargemeinden gibt, bisher in Viersen nicht in Sicht. "In Mönchengladbach wurden die ehemaligen Räumlichkeiten eines Discounters angemietet, um Menschen dort einzuquartieren. Solche Überlegungen werden in Viersen derzeit nicht diskutiert", erklärt Schrömbges. Auch sei nicht vorgesehen, Flüchtlinge in Turnhallen oder ähnlichen städtischen Gebäuden unterzubringen.

Bürgermeister Günter Thönnessen betont abschließend, dass sowohl die Übergangsheime als auch die kleinen Quartiere ihre Berechtigung haben: "Einen Königsweg gibt es hier nicht."

(RP)
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