Torsten Zerres Die Helfer leisten Großartiges

Viersen · Alles glatt ging bei der kurzfristigen Unterbringung von 153 Flüchtlingen in Lobberich: Mit federführend bei der Koordinierung war bis gestern Abend Torsten Zerres (35) als Einsatzleiter des Deutschen Roten Kreuzes (DRK).

 Torsten Zerres, Bereitschaftsliter beim DRK, koordinierte den Einsatz der Hilfsorganisationen mit der Stadtverwaltung, als die 153 Flüchtlinge für Lobberich gemeldet wurden und in der Hauptschule untergebracht wurden.

Torsten Zerres, Bereitschaftsliter beim DRK, koordinierte den Einsatz der Hilfsorganisationen mit der Stadtverwaltung, als die 153 Flüchtlinge für Lobberich gemeldet wurden und in der Hauptschule untergebracht wurden.

Foto: Burghardt

War die Aufnahme der Flüchtlinge in Lobberich für Sie, Herr Zerres, ein besonderer Einsatz?

ZERRES Ja und nein. Der Einsatz für Menschen in Not ist immer ein besonderer Dienst. Andererseits war es ja nicht das erste Mal, dass wir uns kurzfristig um Menschen, die auf der Flucht waren, gekümmert haben, da profitiert man bei jedem neuen Einsatz von den vorherigen Erfahrungen.

Wann und wo waren Sie zum ersten Mal mit der Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen befasst?

ZERRES Das war 2002, also vor 13 Jahren. Da halfen wir in Thüringen mit bei der Unterbringung von Flüchtlingen. Danach folgten mehrere solcher Einsätze, zum Beispiel in Dresden und Chemnitz, und jetzt im August waren wir auch an der kurzfristigen Unterbringung von 150 Flüchtlingen in der Sporthalle Ransberg in Viersen beteiligt. Da war die Situation ähnlich wie hier in Lobberich in der Hauptschule. Alles musste ganz schnell gehen, auf die Erfahrungen konnten wir in Lobberich aufbauen.

Sie haben Helfern erklärt, worauf sie bei der Betreuung von Flüchtlingen besonders achten müssen: Was sind das für Besonderheiten?

ZERRES Viele Kleinigkeiten. Da kommen ja Menschen aus anderen Ländern, anderen Kulturen, mit anderen Religionen, Sitten und Gebräuchen. Vieles ist für sie fremd. Den einen muss man erklären, wie europäische Toiletten benutzt werden, den anderen, dass sie sich ruhig bei den bereitgestellten Wasserflaschen bedienen dürfen, was sie aus Höflichkeit von sich aus nicht wagen würden.

Apropos Höflichkeit: Mussten Sie bei der Begrüßung der Flüchtlinge auf bestimmte Rituale achten, etwa kein Händeschütteln?

ZERRES Nein, wenn sich Menschen in solchen Situationen begegnen, dann zählt zunächst mal nur Herzlichkeit. Da geht es darum, Vertrauen aufzubauen. Alles Weitere kann man in Gesprächen abklären, natürlich meist mithilfe der Dolmetscher. Man muss ja berücksichtigen, dass die meisten Flüchtlinge einfach nur erschöpft sind, in einer völlig fremden Umgebung ankommen, auf fremde Menschen angewiesen sind.

Bekommen Sie dabei etwas mit von den Schicksalen der Flüchtlinge?

ZERRES In erster Linie sind wir ja im Einsatz, um diesen Menschen zu helfen, um die Versorgung zu organisieren. Aber natürlich ergeben sich dabei auch Gelegenheiten, bei denen manche erzählen von dem, was sie erleiden mussten, von ihrer Flucht, von Sorgen um Angehörige, die zurückblieben.

Geht Ihnen so was nicht nahe, hemmt das nicht bei Ihrem Einsatz?

ZERRES Da muss man gut mit umgehen können, im Einsatz muss ich Distanz bewahren, mich auf meinen Dienst konzentrieren, damit alles funktioniert. Aber klar beschäftigt einen sowas dann weiter, es geht ja immer um Menschen, ob sie einen Bombenanschlag erleben mussten oder auf der Flucht waren. Das geht wohl allen Helfern so.

Kommt es vor, dass Helfer irgendwann überfordert sind?

ZERRES Genau darauf müssen Einsatzleiter achten. Manche Helfer stoßen vielleicht an ihre Grenzen, auch körperlich. Sie brauchen vielleicht eine Auszeit, aber das sind interne Vorgänge. Und für alle Beteiligten, die zum Beispiel schwer zurechtkommen mit den Eindrücken von menschlicher Not, schweren Schicksalen, sind immer unsere Notfallseelsorger bereit. Darum ist es wichtig, genug Helfer zu haben.

Wie viele ehrenamtliche Helfer waren bei der Vorbereitung und dann bei der Aufnahme oder jetzt bei der Betreuung der Flüchtlinge beteiligt?

ZERRES Insgesamt waren in verschiedenen Aufgabenbereichen bei der 24-Stundenbetreuung in drei Schichten über 100 allein von den Rettungsdiensten dabei, 40 vom Roten Kreuz, rund je 30 vom Technischen Hilfswerk und von den Freiwilligen Feuerwehren, über zehn vom Malteser Hilfsdienst. Dazu kommen die vielen ehrenamtlichen Helfer und, das muss man auch mal sagen, die Mitarbeiter der Stadt, die mehr als ihren Job machen, sich unermüdlich engagieren. Das alles ist einfach großartig. Und deshalb wird das auch ohne uns gut laufen.

Wieso ist jetzt ihr Einsatz in der Hauptschule beendet?

ZERRES Wir haben ja auch andere Aufgaben und Einsatzbereiche. In Lobberich waren wir zuständig, bei der Vorbereitung zu helfen und bei der Erstversorgung, außerdem, die anderen Helfer zu schulen und anzuleiten. Das hat alles gut geklappt, jetzt beginnt der Regeldienst der Stadt. Ich bin sicher, das kriegen die Mitarbeiter der Stadt und die Ehrenamtler bestens hin. Aber natürlich stehen wir in Notfällen zur Verfügung oder wenn Beratungsbedarf besteht.

JOACHIM BURGHARDT FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(jobu)
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