Viersen Ein beeindruckendes Jahr in Indien

Viersen · Lena Schroers absolvierte ein freiwilliges soziales Jahr bei den Missionaren auf Zeit. Sie arbeitete in einem Kinderheim in Indien als Lehrerin.

Die Briefe, die vor Lena Schroers auf dem Tisch liegen, sind farbenfroh gestaltet. So verschieden die Schriften und Mandalas auf ihnen auch sind, die Inhalte sind nahezu identisch. In allen bedanken sich Kinder aufs Herzlichste bei der 20-Jährigen für ihren Einsatz als Lehrerin. Englisch, Kunst, Erdkunde und Mathematik zählten zu ihren Fächern. Allerdings nicht in Deutschland, sondern in Indien.

Die Süchtelnerin verabschiedete sich am 15. August 2014 für ein Jahr nach Indien. Über die "Missionare auf Zeit" verbrachte sie dort ein freiwilliges soziales Jahr. "Es war eine phantastische Zeit, und nun weiß ich auch, was ich beruflich machen möchte", erzählt Schroers. Das war der jungen Frau, die ihr Abitur an der Anne-Frank-Gesamtschule gemacht hatte, im vergangenen Jahr noch nicht klar. Daher entschied sie sich auch für den sozialen Einsatz, und Indien war das Land, das sie immer schon kennenlernen wollte.

Wenn Schroers an das zurückliegende Jahr denkt, weiß sie zunächst gar nicht, wo sie mit dem Erzählen anfangen soll. Die Eindrücke waren zu gewaltig. "Ich habe in einem Kinderheim mit HIV-positiven Kindern in Bengalore gearbeitet", berichtet die junge Frau. Was sie dort erstaunte, war die Selbstständigkeit der Kinder und die Akzeptanz untereinander. Neunjährige Jungen gaben anderen Kindern, auch den älteren, zum Beispiel Hustentropfen, ohne das jemand das junge Alter der helfenden Hände mokierte. Anweisungen von Jüngeren beim Yoga wurden ebenso von allen akzeptiert. Und Yoga gehörte jeden Morgen bei den Kindern zum Tagesstart.

Nach dem Frühstück und der Nationalhymne, ging es mit dem Schulunterricht in Englisch los. Schroers unterrichtete nicht nur, sie rief auch eine Leichtathletikgruppe ins Leben. "Am Anfang waren es drei Kinder, dann 15. Als wir bei den ersten Läufen mitmachten und Medaillen gewannen, kletterte die Teilnehmerzahl auf 30 Kinder", erinnert sie sich.

Die Süchtelnerin erlebte die Hitzewelle in Indien mit, bei der Straßenmarkierungen schmolzen und sich der kurze Weg vom Campus, auf dem sie wohnte, zum Kinderheim nur schwer zu bezwingen war. Duschen mit Hilfe eines mit kaltem Wasser gefühlten Eimers samt Messbecher. Wäsche waschen in ebensolchen Eimern, ein Zimmer mit zwei weiteren Helfern teilen und das Bad mit noch mehr Menschen - die Lebensbedingungen in Indien sind völlig anders. Dafür erfuhr sie eine ungeheuere Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit, insbesondere bei ihren großen Rundreisen, die sie selber während der Ferien des Kinderheimes machte. Sie lernten den indischen Dschungel genauso kennen wie die Wüste und verschiedene Städte. Kamelritte, das zufällige Mitspielen in einem Bollywood-Film, Chai mit völlig fremden Menschen trinken, die einen aufgrund der Hautfarbe ansprachen und mit ihr erzählen wollten oder zu erleben, dass in den Bussen Frauen vorne und Männer hinten sitzen - Schroers zeigt sich von Indien beeindruckt.

"Ich vermisse die Kultur und auch das leckere Essen", verrät sie mit einem Lächeln. Zu ihrer Lieblingsspeise wurde Tapiocia, eine Wurzel, die geschält, gekocht, zerstampft und dann mit Soße zum Frühstück gegessen wird.

Der Abschied von ihren Kindern und Kollegen in Indien fiel der 20-Jährigen schwer. Gerne hätte sie ihre Zeit noch um einige Monate verlängert, aber das ging aufgrund des Visums nicht. "Indien hat mir meinen Beruf gezeigt", resümiert die Süchtelnerin. Sie möchte jetzt entweder Grundschullehramt oder Soziale Arbeit in Köln studieren. Und eins weiß sie schon ganz genau, in den ersten Semesterferien des nächsten Jahres fliegt sie wieder zurück nach Indien ins Kinderheim. "Ich habe den Kindern und Mitarbeitern versprochen, dass ich zurückkomme", sagt Schroers.

(tref)
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