Brüggen Ein "Brauter Jong" auf dem Bischofsstuhl

Brüggen · Beim Heimatabend hielt Willi Heines einen Vortrag über Hermann Dingelstad. Der spätere Bischof von Münster wurde in Alst geboren.

 Fast 70 Jahre nach seinem Tod, im August 1979, wurde der frühere Pfarrgarten in Bracht nach Hermann Dingelstad benannt.

Fast 70 Jahre nach seinem Tod, im August 1979, wurde der frühere Pfarrgarten in Bracht nach Hermann Dingelstad benannt.

Foto: Busch, Franz-Heinrich sen. (bsen

Das Interesse war groß, der Saal gefüllt: Als Gast der Heimatfreunde Bracht erzählte Willi Heines aus Alst den Lebenslauf seines Urgroßonkels Bischof Hermann Jakob Dingelstad, der am 15. August 1889 im ersten Wahlgang zum Bischof von Münster gewählt wurde. Das Amt füllte er bis zu seinem Tod am 6. März 1911 aus.

Jeder im Saal wusste etwas zu dem Bischof, schließlich hat schon fast jeder Brachter seinen Wagen auf dem "Bischof-Dingelstad-Platz" vor der Kirche St. Mariä Himmelfahrt geparkt. Und es stellte sich heraus, dass sogar noch ein Verwandter dabei war sowie die Nichte von Heinrich Houben, aus dessen Aufzeichnungen Willi Heines viele bislang unbekannte Details entnommen hatte, ihn aber nur als "den alten Herrn Houben" kannte.

"Pottbäckersch Hermann" wurde frühzeitig als besonders sprachbegabter Schüler erkannt und auf das Collegium Augustinianum in Gaesdonck bei Goch geschickt im Hinblick darauf, dass er Priester werden solle. Er erhielt 1859 in Münster die Priesterweihe und trat in Gaesdonck zunächst in den Schuldienst ein. Während des Kulturkampfes - Staat gegen Kirche - kam er zurück nach Alst als Seelsorger, dann ging er nach Vechta, wo er sich 1888 ein einfaches Haus baute, denn er wollte ja Lehrer bleiben.

Doch nach dem Tod von Bischof Brinkmann 1889 suchte das Domkapitel in Münster staatsloyale Kandidaten, und dazu gehörte Hermann Dingelstad, der auf Grund seiner Bescheidenheit völlig unbekannt war. Als er 1890 zum Bischof geweiht wurde, meinte er: "Es ist für mich ein echtes Kreuz, weil ich es für Gottes Wille hielt." Ganz Bracht feierte seinen großen Sohn, die 25 Gemeinden seines Heimatkreises Kempen brachten ihm wertvolle Geschenke.

Als "liebevoll im Umgang mit Familie und Nachbarn, leutselig und humorvoll" wird Dingelstad in allen Biographien beschrieben, die Willi Heines für seinen Vortrag herangezogen hat. Unter dem Motto "Eigentum verpflichtet" gründete er die noch heute existierende "Bischof-Dingelstad-Stiftung", mit der er sich in seiner Diözese für sozial benachteiligte Menschen einsetzte. Er unterstützte die Gründung von Vereinen für Arbeiter und Mütter und machte sich für die Hospizarbeit stark.

Dingelstad führte viele im Kulturkampf umgewidmete Klöster wieder zurück, gründete neue Klöster wie "Unserer Lieben Frau" in Mülhausen, Sein Leitspruch "per crucem ad lucem - durch das Kreuz zum Licht" begleitete ihn überall hin. Er gründete in seinem Bistum 53 neue Pfarreien, weihte 800 Neupriester, ließ 130 Kirchen renovieren oder neu bauen und setzte dem Gnadenbild in Kevelaer eine Krone auf. In seiner Bischofszeit nahm die Bevölkerungszahl stark zu. Die Zahl der Katholiken im Bistum Münster stieg von 900 000 auf 1,4 Millionen.

Willi Heines, dem seine älteste Enkelin Hannah zur Seite stand, konnte nur wenige Bilder beisteuern. Doch die Anwesenden, die fast alle das noch heute zu sehende Geburtshaus von Hermann Dingelstad in Alst kennen und auch sein Bildnis immer vor Augen haben, lohnten ihm seine Mühen mit ungeteilter Aufmerksamkeit und herzlichem Beifall zum Schluss.

(flo)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort