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Viersen Ein Haus als Gesamtkunstwerk

Viersen · Die 1931 erbaute Villa des Unternehmers Walter Kaiser an der Burgstraße 4 beherrscht ihre Bewohner durch die Innengestaltung aus vielen Holzarten. Die Fassade hingegen ist völlig unscheinbar.

 Auch der 2000 Quadratmeter große Garten gehört zum Gesamtkunstwerk des Wohnhauses an der Burgstraße 4.

Auch der 2000 Quadratmeter große Garten gehört zum Gesamtkunstwerk des Wohnhauses an der Burgstraße 4.

Foto: Busch

An dem Haus mit der glatten Fassade, unauffällig und gar nicht einladend, gehen die Passanten meist achtlos vorüber. Viele ahnen nicht, dass hier, an der Burgstraße 4 in Viersen, der "Bauhaus"-Architekt Bernhard Pfau, berühmt geworden durch den Bau des Düsseldorfer Schauspielhauses, 1931/32 sein erstes Wohnhaus plante und erbaute.

 Von außen völlig unscheinbar ist die Villa V in Viersen. Wer hier vorbeigeht, ahnt meist nicht, was sich im Inneren des Hauses verbirgt.

Von außen völlig unscheinbar ist die Villa V in Viersen. Wer hier vorbeigeht, ahnt meist nicht, was sich im Inneren des Hauses verbirgt.

Foto: Busch, Franz-Heinrich sen.

Bauherr war Walter Kaiser (Kaiser's Kaffee), doch er war wohl nur Auftraggeber und trug — im Gegensatz zu heutigen Bauherren — kaum etwas zur Innenausstattung des Hauses bei. Diese ist äußerst funktional vom Keller bis zum Obergeschoss. Die kleinen Türen aus dunklem Holz haben Rundbögen, eine Milchglas-Schiebetür trennt die Diele von dem großen Wohn- und Essbereich, der Treppenaufgang zum Obergeschoss mündet in eine Blumenbank.

Mit seinen Ideen und seiner Ausbildung als Möbel- und Architekturzeichner hatte Pfau seinem Bauherrn sicher viel Mühe erspart: Dieser musste sich keinen Schrank kaufen, denn jeden Raum — ob Wohn- und Esszimmer, Schlaf- und vier Kinderzimmer oder die Personalräume — stattete Pfau mit hölzernen Einbauschränken aus, unten aus edlem Palisanderholz, oben weiß lackiert.

So kann auch die neue Eigentümerin Gerda-Marie Voß ihre mitgebrachten Schränke kaum unterbringen. Doch die Diplom-Ingenieurin Fachrichtung Innenarchitektur und Kunsterzieherin respektiert und liebt geradezu die Arbeiten des berühmten Bauhaus-Vertreters. Sie hat das Haus aus einer Versteigerung erworben und eröffnete jetzt hier die "Galerie Villa V" — V wie Voß, Viersen, Haus-Nummer vier und (P)fau".

Steter Wechsel der Bewohner

Als Baudenkmal bekannter ist das Nachbarhaus Burgstraße 6. Dies hat Pfau 1951 für Walter Kaiser erbaut, als dessen Haus von den Besatzungsbehörden nach dem Zweiten Weltkrieg beschlagnahmt wurde. Der stete Wechsel der Bewohner — zumeist britische Generäle — hat jedoch dem Haus wenig zugesetzt. Lediglich die Wand des Wohnzimmers gegenüber den raumhohen Schiebefenstern hat große Teile ihres einst zartgrünen Putzes verloren. Und da Gerda-Marie Voß keine passende Farbe fand, besprach sie sich mit ihrem Freund Georg Ettl: "Die Wand soll so bleiben!"

Die "Barcelona-Chairs" des berühmten Bauhaus-Architekten Mies van der Rohe passen wunderbar zu dem originalen Musikschrank aus dunklem Holz. Über beide hinweg schweift der Blick ins Grüne: Bis zu dem 150 Jahre alten Bergahorn im 2000 Quadratmeter großen Garten. Als Gerda-Marie Voß die Bäume, Hecken und Büsche zurückgeschnitten hatte und die verschiedenen Gartenelemente wieder begehbar waren, zeigte sich auch hier, dass es Pfau in seinem Schaffen stets um das Gesamtkonzept ging: "Aus der Verbundenheit von Garten und Haus-Innerem ergab sich die Aufgelöstheit der Räume zum Garten hin." Das Wohnhaus Burgstraße 4 mit seinen 300 Quadratmetern Wohnfläche ist als Gesamtkunstwerk auch heute noch ein Haus, das Respekt erheischt, dem sich die Bewohner unterzuordnen haben. Nicht jedermanns Sache, wie Viersens Denkmalpflegerin Ellen Westerhoff einräumt, aber gerade deshalb so interessant.

(flo)
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