Viersen Eine aussterbende Art

Viersen · Mit den altbewährten Marktschreiern und einem französischen Markt lockten die Geschäftsleute der Viersener Innenstadt zu einem "großen Straßenfest" rund um den verkaufsoffenen Sonntag.

Der sehr überschaubare Ansturm auf sein Angebot ließ den Käsemann in seinem Kleinlaster ganz tief in die rhetorische Trickkiste greifen: "Wenn ihr Viersener euch so vermehrt, wie ihr einkauft, seid ihr in zehn Jahren ausgestorben." Das würde allerdings alle düsteren Vorhersagen der Demographieberichte um einiges übertreffen. Bis dahin bleibt noch etwas Zeit, um dem Herrn der Superangebote dabei zuzusehen, wie er Käse geschickt so in einen Eimer stapelt, dass derselbe unten eher sparsam gefüllt ist, dafür aber oben schier überquillt.

Gemüseschnitzler und Indios

Beim Obstverkäufer konnten die Zuschauer lernen, dass Weintrauben zurzeit reichlich auf dem Markt sein müssen, gab es doch gleich drei Sorten in den Einkaufskorb zum Pauschalpreis. Wer Nudel-Uwe suchte, blickte auf ein großes Loch vor der großen Treppe der Sparkasse, Wurst und Pflanzen fand er rechts und links in bewährter Form. Vom Sparkassenvorplatz konnten sich die Besucher in zwei Richtungen wenden. Entlang der Fußgängerzone bis zum Remigiusplatz bot sich das bewährte Krammarkt-Programm mit Tischdecken und Socken für einen Euro, Volksmusik-CD sowie den unvermeidlichen Gemüseschnitzlern und drei Wundermittelständen für alle die, die ihren Aufwand beim Fenster putzen minimieren wollen. An der Ecke zur Löhstraße stand eine Truppe von "Indios", die verkleidet wie für einen Winnetou-Film Musik aus den südamerikanischen Anden vortrug. Die konnte man gleich auf CD mitnehmen und sich dabei noch ein wenig wundern, warum einer der Musikanten auf seinem Fransen besetzten Lederumhang den Schriftzug "Bad Pyrmont" trug.

Der Remigiusplatz bot Eltern und Großeltern Gelegenheit, für Kasperletheater, Bungeetrampolin, Kartbahn und Elektro-Torwand Geld auszugeben. Zurück zur Sparkasse und von dort in Richtung Süden auf die für den Autoverkehr gesperrte Hauptstraße: Nach dem Erfolg mit dem Mittelaltermarkt im Vorjahr, so lockten Werbering Stadtmitte und Veranstaltungsservice Brumbach, sollte dort ein "zusätzliches Highlight und Publikumsmagnet" warten: der französische Markt. Ein "kleiner Spaziergang durch ganz Frankreich" wurde angekündigt, bei dem man "in die französische Lebensart eintauchen" könne.

Statt des großen Frankreich gab es ein Angebot, dessen Umfang besser zu Luxemburg gepasst hätte. Wo im Vorjahr Gaukler und Marketender für buntes Treiben sorgten, verloren sich knapp zwei Handvoll Verkaufsstände am Straßenrand. Um beim Bild des Käseverkäufers zu bleiben: Wenn das ein "Publikumsmagnet" war, werden solche Märkte in zehn Jahren ausgestorben sein.

(RP)
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