Viersen Eine Chance für die kleine Oumie

Viersen · Sie ist sieben Jahre alt, kommt aus Gambia und hat eine Behinderung, die in ihrem Heimatland nicht behandelt worden wäre. Dank der LVR-Klinik für Orthopädie kann Oumie jetzt aber in eine bessere Zukunft blicken.

Der Griff zu den bunten Krücken ist routiniert. Kaum hat Oumie sie richtig gefasst, geht es vom Zimmer los auf den Gang. "Oumie kennt schon das ganze Haus. Sie flitzt überall herum", verrät Professor Dr. Dietmar-Pierre König, während er die Bewegungen des kleinen Mädchens mit den bunt geflochtenen langen Zöpfen aufmerksam beobachtet. Der rechte Fuß der Siebenjährigen ist in Gips, während das linke Füßchen in der rosa Socke merkwürdig verdreht ist. Der Fuß zeigt mit den Zehen nicht nach vorne, sondern nach innen. Bis vor wenigen Wochen stand ihr rechter Fuß ebenfalls in dieser Fellstellung.

Das Mädchen aus Gambia wurde mit zwei schwerst deformierten Füßen, sogenannten Klumpfüßen, geboren. "Sie lief auf ihren Außenknöcheln und es hatten sich dort schon Schwielen gebildet", berichtet der Oberarzt Dr. Dariusch Arbab, der Oumie gemeinsam mit Professor Dr. König operierte. Die Schwere der Fehlstellung sieht man dabei nicht häufig.

Während in Deutschland das schon vom Säuglingsalter an vorsichtig korrigiert werden kann und in der Regel keine Operation notwendig wird, hatte Oumie in ihrer Heimat keine Chance auf Hilfe. Das kleine Mädchen musste mit den deformierten Füßen laufen lernen und die Auswirkungen hinnehmen. Oumie hatte aber das Glück, ins Internationale Friedensdorf in Oberhausen zu kommen. Von dort suchten die Mitarbeiter wiederum eine Klinik, die eine solche schwere Deformation operieren konnte und wollte. In der LVR Klinik für Orthopädie in Süchteln stießen sie auf medizinische Kompetenz und die Bereitschaft zu helfen.

Dank dem Einsatz des dortigen Fördervereins der Rheinischen Klinik für Orthopädie, der sich bereit erklärte, die Kosten in Höhe von rund 10.000 Euro zu übernehmen, konnte Oumie nach Süchteln kommen. Die Behandlung startete schon im März mit dem Eingipsen eines ersten Fußes. "Wir haben Oumie damals gefragt, mit welchem Fuß wir anfangen sollten und sie hat sich für rechts entschieden", erzählt Dr. Arbab.

Durch das wöchentliche Eingipsen des Fußes in jeweils minimal veränderten Stellungen, damit keine Schmerzen auftraten, versuchte man, die maximale Korrektur zu erzielen, bevor es zur eigentlichen Operation kam.

Oumie besuchte über mehrere Monate einmal pro Woche die Klinik mit Begleitpersonal aus dem Friedensdorf. Vor zwei Wochen war es dann soweit. Der erste Eingriff stand an. In einer viereinhalbstündigen Operation verlängerten die beiden Mediziner Sehnen und lockerten Bänder, um den Knochen dadurch einstellen zu können. Der Knochen musste dabei nicht gebrochen werden.

Als die Siebenjährige nach der Narkose wach wurde, hatte sie wieder einen Gips am Fuß, der sie für insgesamt sechs Wochen begleiten wird. Dieser Gips hält den Fuß in seiner neuen Haltung, damit er sich festigen kann. Auftreten darf Oumie mit dem Fuß noch nicht. Daher muss sie nun erst einmal Gehhilfen benutzen. Für längere Ausflüge, wie einem Waldspaziergang mit den Schwestern am Wochenende, steht zudem ein Rollstuhl zur Verfügung.

"Oumie ist eine tapfere junge Dame, die nicht einmal beim Gipsen geweint hat. Auch beim Fäden Ziehen war sie ganz tapfer", lobt Heike Staudt, die Leiterin der Station 6, auf der Oumie liegt. Die junge Afrikanerin war in andere Hinsicht auch schon ganz fleißig. Sie hat nämlich Deutsch gelernt, so dass ihre etwas älteren Zimmerbewohnerinnen auch mit ihr reden und spielen können. ",Mensch ärgere dich' und ,Memory' spiele ich gerne", verrät Oumie, deren Augen strahlen, wenn sie mit ihrem Kuschelbären im Arm auf dem Bett liegt und auf ihren Gips schaut. Der hat übrigens schon zahlreiche lustige Zeichnungen samt den Namen der Urheber.

Vor der Operation ihres linken Fußes, die in zwei bis drei Monaten in Süchteln ansteht, hat sie keine Angst. Die Siebenjährige freut sich nur riesig, irgendwann im nächsten Jahr in ihrer Heimat mit anderen Kindern um die Wette laufen zu können. Etwas, dass dank der Ärzte in der Süchtelner Orthopädie und dem Einsatz des Fördervereins möglich werden wird.

(tref)
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