Viersen Fragen im Namen des Staates

Viersen · Hartmut Ruschke hat sich als Zähler am Zensus beteiligt. Der Viersener hat im Innenstadtbezirk rund 250 Menschen aufgesucht und ihre Daten erfasst.

 Die Offenheit hat Volkszähler Hartmut Ruschke überrascht: "Für einige der Älteren war es aufregend, dass ein Mann von der Behörde kommt. Es ist etwas persönliches, jemand Fremden in die eigenen vier Wände zu lassen."

Die Offenheit hat Volkszähler Hartmut Ruschke überrascht: "Für einige der Älteren war es aufregend, dass ein Mann von der Behörde kommt. Es ist etwas persönliches, jemand Fremden in die eigenen vier Wände zu lassen."

Foto: Busch

An fremden Türen zu klingeln und Menschen nach ihrer Herkunft, ihrem Beruf und ihrer Religionszugehörigkeit zu befragen, macht Hartmut Ruschke nichts aus. Der Viersener ist in den vergangenen Wochen mit seinem Fragebogen von Haus zu Haus gezogen, um die Bewohner und ihre Daten zu erfassen. "Viele konnten sich unter Zensus nichts vorstellen. Sie dachten, bei der Volkszählung ginge es nur um die Menge der Bürger", berichtet Hartmut Ruschke.

Er war im Auftrag des Kreises unterwegs, um insgesamt 250 Einwohner zu befragen. "Es hat mich gereizt, mich mit den Menschen zu unterhalten. Da ich von arm bis reich die ganz Bandbreite abgedeckt habe, konnte ich über den eigenen Tellerrand hinweg in ganz unterschiedliche Lebensverhältnisse blicken", berichtet der 46-Jährige. Er hat sich sofort gemeldet, nachdem er in der Zeitung gelesen hatte, dass der Kreis noch Zähler sucht. "Da ich seit 15 Jahren Haushaltsbefragungen für die Stadt Duisburg mache, wusste ich, was auf mich zukommt."

Offenheit der Leute

Die Tür hat ihm niemand vor der Nase zugeknallt. Die Offenheit der Leute hat Hartmut Ruschke überrascht. "Für einige der Älteren war es aufregend, dass ein Mann von der Behörde kommt. Es ist auch etwas persönliches, jemand Fremden in die eigenen vier Wände zu lassen." Dem Viersener war es daher immer wichtig, besonders sensibel zu sein und den Menschen offen und freundlich gegenüberzutreten. "Das kommt dann auch entsprechend zurück. Ich habe keine schlechten Erfahrungen gemacht."

Nicht alle Leute, die auf seiner Liste standen, hat der Zensus-Zähler auch angetroffen. "Einige waren bereits verstorben, andere sind verzogen oder ich habe sie schlicht nicht gefunden. Das habe ich dann vermerkt", berichtet der 46-Jährige. Für ihn galt als Stichtag der 9. Mai. Wer an dem Tag noch gelebt hat, den muss er aufnehmen, auch wenn er inzwischen verstorben ist. Kinde r, die danach zur Welt gekommen sind, tauchen in den Fragebögen nicht auf.

"Wir brauchen einen verbindlichen Tag, damit die Daten verlässlich sind. Denn innerhalb des Befragungszeitraums kann sich die Lebenssituation des Einzelnen komplett verändern", betont Hartmut Ruschke. Extreme Erlebnisse sind ihm erspart geblieben. "Die Menschen, die bereits verstorben waren, waren verwitwet und lebten allein. Durch meine Befragung habe ich keine Wunden aufgerissen." Oft konnten die Nachbarn in solchen Fällen Auskunft geben.

Von nebenan und gegenüber fühlte sich Hartmut Ruschke stets beobachtet. "Einige haben mich gleich als Zähler erkannt und gefragt, wann ich zu ihnen komme. Denen musste ich erklären, dass nur zehn Prozent der Bevölkerung befragt werden." Er selbst hat keinen Bogen ausfüllen müssen. "Dafür meine Schwiegermutter. Mit ihr hatte ich mein erstes Interview geübt und zwei Tage später stand bei ihr der Zähler auf der Matte."

Anhand der Gespräche, die er geführt hat, ist dem Viersener bewusst geworden, wie sehr die Gesellschaft sich in den vergangenen fünf Jahrzehnten verändert hat. "Die älteren Leute sind meist nach dem Krieg hierher gekommen, haben in der Umgebung gearbeitet und verbringen nun ihren Lebensabend hier.

Die jüngeren Leute sind viel mehr unterwegs. Sie ziehen häufiger um und sind beruflich viel flexibler." Nach der Berufsausbildung musste Hartmut Ruschke sich erkundigen, nach dem Einkommen nicht. "Das hat viele gewundert." Er hat alle Interviews geführt, die letzte Tür ist hinter ihm zugefallen.

(RP/rl)
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