Viersen Freundschaft ohne Grenzen

Viersen · Mit einem Sonnenbrand im Sommerurlaub fing alles an: Seit fast 50 Jahren sind Friedrich und Gisela Zimmermann aus Viersen mit dem Turiner Ehepaar Aldo und Ivana Muscato befreundet

 Die beiden Paare heute: Links Aldo und Ivana Muscato, rechts Friedrich und Gisela Zimmermann.

Die beiden Paare heute: Links Aldo und Ivana Muscato, rechts Friedrich und Gisela Zimmermann.

Foto: paka

Alles begann im Jahre 1968, als die Eheleute Friedrich und Gisela Zimmermann mit ihrem einjährigen Sohn Andreas ihren Sommerurlaub in Alassio, einem Touristenort an der Riviera di Ponente in Ligurien, verbrachten. Ihre Hochzeitsreise hatten sie noch in guter Erinnerung. Und das Paar wollte nun als junge Familie erneut das sonnige Italien besuchen.

Viersen: Freundschaft ohne Grenzen
Foto: Kallianteris Jiota

In der Pension "Lorenzetti" herrschte reger Betrieb und zur Mittagszeit wurden die Zimmermanns Zeugen eines Gesprächs am Nebentisch, dessen Inhalt sie auch ohne italienische Sprachkenntnisse sofort verstanden. "Eine Dame wehklagte auf Italienisch über einen offensichtlich sehr schlimmen Sonnenbrand auf ihrer Schulter", erzählt Friedrich Zimmermann. "Wir wussten sofort, dass die Ärmste ganz schlimme Schmerzen hatte, und ich bat meine Frau, ihr doch etwas von unserer Spezialsalbe, eine eigene Rezeptur meines Schwiegervaters, anzubieten", erzählt der 76-Jährige. Seine Frau Gisela ergänzt: "Dankbar nahm die Dame, die sich uns als Ivana Muscato vorstellte, unsere Hilfe an und schon einige Tage später konnte man sehen, dass die Creme gut geholfen hatte." Auch Ehemann Aldo und Sohn Riccardo waren heilfroh, dass es Ivana schnell wieder besser ging.

 Ivana und Aldo Muscato in den 1960er-Jahren mit ihrem Sohn zu Besuch in Viersen. "Die erste Nacht verbrachten wir mit vier Erwachsenen und zwei Kindern in unserer Wohnung auf 52 Quadratmetern", erinnert sich Friedrich Zimmermann.

Ivana und Aldo Muscato in den 1960er-Jahren mit ihrem Sohn zu Besuch in Viersen. "Die erste Nacht verbrachten wir mit vier Erwachsenen und zwei Kindern in unserer Wohnung auf 52 Quadratmetern", erinnert sich Friedrich Zimmermann.

Foto: Paka

Aldo Muscato bedankte sich dann eines Abends mit einer Flasche Spumante, mit der die Familien ihre Freundschaft besiegelten. So verbrachte man mit den gleichaltrigen Söhnen die restlichen Urlaubstage gemeinsam und verstand sich - trotz fehlender Sprachkenntnisse auf beiden Seiten - so prächtig, dass die Muscatos Familie Zimmermann dazu einluden, bei der Rückfahrt nach Deutschland einen Abstecher in ihre Heimatstadt Turin einzulegen.

 Gegenbesuch: Die Zimmermanns in Turin. Mehr als 40 Urlaubsreisen haben sie seit Beginn der Freundschaft nach Italien unternommen. Im Mai fahren sie wieder hin - dann feiert Aldo Muscato seinen 80. Geburtstag.

Gegenbesuch: Die Zimmermanns in Turin. Mehr als 40 Urlaubsreisen haben sie seit Beginn der Freundschaft nach Italien unternommen. Im Mai fahren sie wieder hin - dann feiert Aldo Muscato seinen 80. Geburtstag.

Foto: Kallianteris Jiota

"Ein paar Tage später haben wir die Ausfahrt Turin von der Autostrada genommen und standen bei den Muscatos vor der Tür", erinnert sich Friedrich Zimmermann an den spontanen Besuch und muss erneut lachen. Familie Muscato freute sich sehr über das schnelle Wiedersehen. Sie nahmen ihre neu gewonnenen Freunde herzlich auf und verwöhnten sie mit einem opulenten Festmahl. Bei ihrer Abreise nahmen die Zimmermanns ihren italienischen Freunden das Versprechen eines Gegenbesuchs in Viersen ab.

Nur drei Wochen später lösten sie ihr Versprechen ein. "Die erste Nacht verbrachten wir mit vier Erwachsenen und zwei Kindern in unserer Wohnung auf 52 Quadratmetern und hatten keinerlei Schwierigkeiten, uns hervorragend zu verständigen", erzählt Friedrich Zimmermann. Als erstes lud man die italienischen Freunde zu einem zünftigen deutschen Essen in die Burg Brüggen ein. "Es gab Schnitzel, Gulasch mit Nudeln, Haxe, Kuchen und Eis", so Gisela Zimmermann. "Burg Brüggen ist seitdem immer ein Ziel, wenn wir uns hier treffen, so gut hat es unseren Freunden dort geschmeckt."

Viele Briefe, Post- und Glückwunschkarten, Geschenkpäckchen und Telefonate gehen seit fast 50 Jahren hin und her. Jede Familie schreibt in ihrer Muttersprache und dennoch verstehen alle, was mitgeteilt wird. "Die Muscatos waren bei der Kommunion unseres Sohnes dabei. Wir waren auf allen Hochzeiten der Kinder eingeladen, haben unsere 50. Geburtstage miteinander gefeiert, und insgesamt über 40 Urlaubsreisen nach Italien zu unseren Freunden unternommen", resümiert Gisela Zimmermann. Im Gegenzug haben die Muscatos zwölf Mal Viersen besucht und sich viele andere Städte, wie Düsseldorf, Frankfurt, Köln, Hamburg und Garmisch Partenkirchen angeschaut.

"Meine Lateinkenntnisse reichten nicht aus, um mich mit meinen italienischen Freunden anständig zu unterhalten, und so habe ich vor zehn Jahren beschlossen, einen Italienischkursus an der Volkshochschule zu belegen", erzählt Friedrich Zimmermann. "Allerdings mit mäßigem Erfolg, aber mit doppelt so viel Freude", fügt er mit einem Augenzwinkern hinzu. Nie waren die fehlenden Sprachkenntnisse ein Hindernisgrund, um die Freundschaft zu pflegen. "Wir haben immer geschaut, dass wir nicht zu lange aufeinander hockten und dass jede Familie bei den Besuchen auch ein Hotel- oder Pensionszimmer hatte. So hatten wir nie Schwierigkeiten wegen Platzmangel. Auch haben wir alles in Maßen genossen, denn eine gewisse Distanz gehört zu einer guten Freundschaft dazu", berichtet Zimmermann von seinen Erfahrungen.

Eines Abends war die Feierlaune so groß und das Essen samt Wein so gut, dass die Zimmermanns nicht mehr ins Hotel fuhren, sondern bei ihren Freunden übernachteten. Kurzerhand wurde ihnen das Schlafzimmer angeboten. Ihre Freunde errichteten ihr Nachtlager auf der Couch im Wohnzimmer. Ein lautes Poltern weckte schließlich alle mitten in der Nacht. Es stellte sich heraus, dass kein Unfall geschehen war, sondern nur ein Sturz von der Couch die lauten Geräusche verursacht hatte.

Schmunzelnd erzählt Friedrich Zimmermann: "Unsere Freundschaft ist so innig, dass ich mich als Pate für das nächste Kind von Aldo und Iva angeboten hatte. Neun Monate nach diesem fröhlichen Abend bei den Muscatos kam dann unser Patenkind Massimo zur Welt. Seine Taufe haben wir natürlich voller Stolz über den gelungenen Wonneproppen ausgiebig gefeiert."

Im Mai feiert Aldo Muscato seinen 80. Geburtstag. "An diesem besonderen Tage werden wir natürlich in Turin sein und ein großes Fest mit unseren italienischen Freunden feiern. Sie sind Familie, und wenn man mit Herzlichkeit und Toleranz durchs Leben geht, dann haben Vorurteile keine Chance. So können wunderbare Freundschaften fürs Leben entstehen", sagt Friedrich Zimmermann und zeigt die zahlreichen Fotografien der 50-jährigen deutsch-italienischen Freundschaft.

(paka)
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