Brüggen Funkmast: Anwohner siegen vor Gericht

Brüggen · Nachbarn vom Oebeler Berg waren entsetzt, als hinter ihren Gärten ein Mobilfunkmast gebaut wurde. Sie klagten gegen den Kreis Viersen, der die Baugenehmigung erteilt hatte. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf gab den Anwohnern Recht

 Anwältin Jana Merten (v.l.) mit Wolfgang Schäl und Gisela Knoblauch-Schäl sowie Wolfgang und Elvira Kaboth mit Anwalt Philipp Croon im Garten der Schäls. Hinter dem Gartenzaun erhebt sich der Funkmast.

Anwältin Jana Merten (v.l.) mit Wolfgang Schäl und Gisela Knoblauch-Schäl sowie Wolfgang und Elvira Kaboth mit Anwalt Philipp Croon im Garten der Schäls. Hinter dem Gartenzaun erhebt sich der Funkmast.

Foto: Knappe

Die Baugenehmigung, die der Kreis Viersen für den Bau eines Mobilfunkmastes im Juni 2016 erteilt hatte, wird aufgehoben. Das urteilte jetzt das Verwaltungsgericht Düsseldorf. Monate voller durchwachter Nächte liegen hinter den Anwohnern, die vor mehr als 20 Jahren an die Roermonder Straße in Brüggen zogen. Dort, in unmittelbarer Nähe der Jugendherberge am Eggenberg, genossen sie über Jahre den Blick ins Grüne.

Doch im Dezember 2016 wurde das Idyll jäh zerstört: Da begannen Arbeiter, hinter den Gärten das Fundament für einen Mobilfunkmast der Telekom anzulegen, geplant 35 Meter hoch. Er sollte der Ersatz sein für eine Sendeanlage, die sich auf einem Hausdach am Elsterweg befand und abgebaut worden war. Laut Gemeindeverwaltung fand sich kein Hauseigentümer, der einen Funkmast auf seinem Dach hätte haben wollen. Damit begann die Suche nach einem neuen Standort.

Wo immer sich Wolfgang Schäl (67) und Gisela Knoblauch-Schäl (79) jetzt hinsetzen - sie starren auf den Mast. Das Grundstück ist mit einer Länge von 144 Metern zwar groß, aber mit 16 Metern vergleichsweise schmal. Sitzen die Schäls im Wohnzimmer und schauen durch die großen Fenster nach draußen, sehen sie den Mast. Sitzen sie auf der Terrasse, sehen sie den Mast. Wolfgang (64) und Elvira Kaboth (59) nebenan geht es ebenso.

Die Anwohner schalteten Anwälte ein. Weil der Mast direkt hinter dem Gartenzaun der Schäls steht, sie also am stärksten betroffen sind, klagten die Schäls gegen den Kreis Viersen, der die Baugenehmigung erteilt hatte. Ihre Argumentation: Der Mast erzeuge eine erhebliche bedrängende Wirkung, wirke bedrohlich, optisch erschlagend. Ein Verstoß gegen das Rücksichtnahmegebot sei gegeben. "Baurecht ist grundsätzlich ein Rücksichtnahmerecht", erklärt Rechtsanwalt Philipp Croon: "Ich muss Rücksicht nehmen auf die Interessen der Nachbarn." Und auch, wenn etwas rechtlich zulässig sei, könne es sein, dass nachbarliche Interessen verletzt würden.

Das Entsetzen, das die Anwohner empfunden haben, konnte die Richterin des Verwaltungsgerichts Düsseldorf wohl nachvollziehen. Sie sah sich bei einem Ortstermin die Sache selbst an. In der Urteilsbegründung heißt es, die Richterin sei "zu der Überzeugung gelangt, dass der errichtete Mobilfunkmast optisch bedrängend auf das Grundstück der Kläger einwirkt". Der Mast weise eine wuchtige Gestalt auf, habe eine dominierende Wirkung. Fazit: Die Wohnnutzung werde in unzumutbarer Weise beeinträchtigt.

In der Urteilsbegründung heißt es auch, dass man nicht davon ausgehen könne, dass das Bauvorhaben nur an dem gewählten Standort verwirklicht werden konnte. Bevor der Kreis Viersen die Baugenehmigung erteilte, schlug die Kreisverwaltung der Gemeinde Brüggen fünf mögliche Standorte vor. Zwei lagen auf der nördlichen Seite der Roermonder Straße - dort, wo die Burggemeinde das Baugebiet an der Leonhard-Jansen-Straße erweitern will. Man wolle nicht um den Standort herum planen, erklärte Bauamtsleiter Dieter Dresen im Januar auf Anfrage unserer Redaktion, sondern die Fläche frei halten. Damit kamen nur die Standorte auf der südlichen Seite in Betracht. Nach Rücksprache mit der Naturschutzbehörde schlug die Burggemeinde dem Kreis den Standort hinter den Gärten am Oebeler Berg vor, am Rande des Landschaftsschutzgebiets.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Verwaltungsgericht hatte keine Berufung zugelassen. Die Deutsche Funkmast GmbH, die für den Bau des Sendemastes die Baugenehmigung vom Kreis bekam, stellte aber jetzt beim Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster einen Antrag auf Zulassung der Berufung. "Wir sind relativ guter Dinge, dass das OVG das nicht zulassen wird", sagt Croon. Wird das Urteil rechtskräftig, muss der Mast abgebaut werden. Dann knallen in Oebel die Sektkorken.

(RP)
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