Viersen Gestohlenes NPD-Plakat: Ratsherr freigesprochen

Viersen · Der NPD-Bürgermeisterkandidat Siegfried Martin hatte den Ratsherrn Franz Lohbusch (Die Linke) angezeigt. Der wurde gestern vor Gericht entlastet. Martin drohen nun Ermittlungen wegen Falschaussage

 Der NPD-Bürgermeisterkandidat Siegfried Martin und wie er auf dem Wahlplakat zu sehen ist.

Der NPD-Bürgermeisterkandidat Siegfried Martin und wie er auf dem Wahlplakat zu sehen ist.

Foto: NPD

Schon fast anderthalb Jahre ist die Wahl von Sabine Anemüller (SPD) zur Viersener Bürgermeisterin her, doch noch immer beschäftigt sich die Justiz mit dem Wahlkampf. Am 24. August 2015 hatten Zeugen beobachtet, wie zwei Unbekannte ein NPD-Plakat an der Gladbacher Straße herunterrissen. Der damalige NPD-Bürgermeisterkandidat Siegfried Martin, der in derselben Straße wohnt, beschuldigte Ratsherrn Franz Lohbusch (Linke), einer der Täter gewesen zu sein, und erstattete Anzeige bei der Polizei. Die Staatsanwaltschaft erhob daraufhin gegen Lohbusch und eine junge Viersenerin Anklage.

Gestern sprach das Amtsgericht Viersen Franz Lohbusch frei, nachdem die Mitangeklagte ihn entlastete. Nicht der bekannte Linken-Ratsherr habe mit ihr zusammen die Tat begangen, sondern ihr Ex-Freund. Weil die junge Frau gestand, nicht vorbestraft ist und die Tat bereute, wurde das Verfahren gegen eine Spende von 300 Euro an eine gemeinnützige Organisation eingestellt. Für den ehemaligen NPD-Bürgermeisterkandidaten Siegfried Martin dagegen könnten seine Anschuldigungen ein Nachspiel haben. Sowohl Richter als auch Staatsanwalt hielten dessen Aussagen im Prozess für nicht glaubhaft und empfahlen, Ermittlungen wegen Falschaussage aufzunehmen.

Laut Zeugenaussagen parkten die beiden Täter, nachdem sie das Plakat abgerissen hatten, in der Nähe der Wohnung des NPD-Politikers. Dort machte die Ehefrau von Siegfried Martin ein Foto vom Kennzeichen des Autos; er selbst will vom Balkon aus Franz Lohbusch erkannt haben. Allerdings war er der einzige Zeuge, der Lohbusch identifizierte, und er konnte die Fahrerin nicht beschreiben. Ein anderer Zeuge sagte aus, dass er den Täter nur von hinten gesehen habe. Weil das Auto rund 50 Meter entfernt stand und es dunkel war, hielt das Gericht Martins Aussage für nicht glaubhaft. Zudem hat der Ex-Freund der Mitangeklagten eine gewisse Ähnlichkeit mit Lohbusch. Beide haben einen Zopf und tragen eine Brille. "Der Zeuge Martin wollte den Angeklagten besonders belasten", erklärte der Richter.

Lohbusch kritisierte nach dem Urteil die Staatsanwaltschaft: "Ich verstehe nicht, dass es zum Prozess gekommen ist. Die Vorwürfe hätte man im Vorfeld klären können." Die Anschuldigungen seien politisch motiviert. In der Tat versuchte die NPD aus dem Vorfall Kapital zu schlagen. Einen Tag nach der Tat postete der NPD-Bezirksverband Viersen auf Facebook einen Beitrag, in dem er Lohbusch vorwarf, gegen die Meinungsfreiheit vorzugehen. Ein Link unter dem Beitrag führt zu Lohbuschs Privatadresse und seiner Handynummer. Er war auch gestern Abend noch öffentlich abrufbar.

(RP)
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