Schwalmtal Grüne: Politik soll verständlicher werden

Schwalmtal · Schwalmtals Grüne möchten, dass jeder verstehen kann, was Politik und Verwaltung machen. Dafür soll die Sprache einfacher werden.

 Oben die Begründung der Verwaltung, warum sie den Antrag der Grünen für eine einfache Sprache in Sitzungsunterlagen verstehen kann, zitiert aus der aktuellen Sitzungsvorlage. Unten ein Vorschlag der Redaktion, wie man das einfacher hätte schreiben können.

Oben die Begründung der Verwaltung, warum sie den Antrag der Grünen für eine einfache Sprache in Sitzungsunterlagen verstehen kann, zitiert aus der aktuellen Sitzungsvorlage. Unten ein Vorschlag der Redaktion, wie man das einfacher hätte schreiben können.

Foto: RED

Verwaltungsdeutsch ist nicht einfach, das ist in Schwalmtal nicht anders als anderswo. Im Ratsinformationssystem der Gemeinde finden sich Beispiele dafür, wie man Dinge kompliziert ausdrücken kann. Etwa dieses: Vor einigen Monaten wurde in Schwalmtal die Hundesteuer erhöht. In der Vorlage für den Haupt- und Finanzausschuss, der damals darüber beriet, wird erklärt, warum es die Hundesteuer überhaupt gibt: "In erster Linie soll somit ein ,besonderer Aufwand' besteuert werden, also die Einkommensverwendung für Dinge, die über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehen (hier die Hundehaltung grundsätzlich). Insbesondere soll durch die Höhe der Hundesteuer die in der Hundehaltung zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Halters besteuert werden (= Hauptzweck)." In Kürze hätte man auch schreiben können: "Wer so viel Geld hat, dass er sich einen Hund leisten kann, soll dafür auch Steuern zahlen. Denn ein Hund gehört nicht zum allgemeinen Lebensbedarf. Er ist Luxus."

Doch so kurz geht es nicht immer. Um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein, müssen Mitarbeiter in einer Verwaltung oft Texte juristisch korrekt formulieren - und das ist kompliziert. Manche Behörden machen sich die Mühe, es daneben noch einmal einfach aufzuschreiben - für Bürger, die wissen möchten, was vor sich geht, aber auch für Kommunalpolitiker, die ebenfalls manchmal mit schwierigen Formulierungen zu kämpfen haben.

Die Grünen in Schwalmtal möchten, dass jeder verstehen kann, was Politik und Verwaltung machen. Sie haben einen Antrag gestellt und überlegt, was man alles verbessern könnte. Über diesen Antrag soll am Dienstag in der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses gesprochen werden. Bürger, die mit den Grünen darüber vorher diskutieren wollen oder weitere Ideen haben, können am Montagabend zur offenen Fraktionssitzung der Grünen kommen.

Ein Grund für den Antrag ist die Tatsache, dass die Politiker in der Gemeinde immer wieder von Bürgern gefragt werden, was los ist. "Ich habe pro Woche sicherlich fünf, sechs Anfragen von Bürgern", sagt Grünen-Fraktionschef Jürgen Heinen. Häufig liege das daran, dass ein Bürger nicht verstehe, warum die Verwaltung so oder so reagiere. Auch bei der Diskussion um das Schwalmtaler Leitbild habe man immer wieder festgestellt, dass Prozesse in der Kommunalpolitik für Bürger oft nicht nachvollziehbar seien. In den sozialen Medien im Internet werde viel diskutiert - doch zum Teil seien die Angaben dort falsch, sagt Heinen. Dann müsse das einer erklären. "Auf Dauer kommen wir um einen Administrator nicht herum", sagt Heinen, "andere Kommunen machen das auch".

Verständlich und zeitnah sollen Bürger in Schwalmtal künftig an Informationen kommen. Die Grünen glauben, dass das auch die anderen Fraktionen, also CDU, SPD und FDP, möchten. "Eine bessere Bürgerbeteiligung ist ein Ziel in den Programmen aller Schwalmtaler Parteien", schreiben die Grünen in ihrem Antrag. Bislang seien die Aufrufe von Politik und Verwaltung zur Bürgerbeteiligung ohne die gewünschte Resonanz geblieben. Die Bürger fühlten sich nicht ernsthaft einbezogen. "Bürgerschaftliches Engagement in Politik und Gemeinde ist nicht zu erwarten, wenn Bürger einen deutlichen Unterschied zwischen sich, ihren Interessen und den Entscheidungen von Politik und Verwaltung wahrnehmen." Der "deutlichen Unterschied" wird durch die komplizierte Verwaltungssprache spürbar. Daher wollen die Grünen dort ansetzen. "Wir müssen aufpassen, dass wir nicht zu einem speziellen Klub werden", sagt Heinen - ein Klub aus Verwaltungsmitarbeitern und Politikern, deren Sprache keiner versteht. Dann fehle nicht nur die Bürgerbeteiligung, dann fehle auch der Nachwuchs für die politische Arbeit, sagt Heinen. Daher wünschen sich die Grünen, dass die Sitzungsvorlagen und Protokolle so formuliert werden, dass ein 16-Jähriger sie verstehen kann. Vorschläge zur Verständlichkeit der Texte sollten mit Schülern in einem Projekt erarbeitet werden. Er glaubt, dass mehr Bürger mitdiskutieren würden, wenn man Dinge einfacher erklären würde - eben weil es sie selbst betrifft. Heinen sagt: "Hier vor Ort werden Dinge entschieden, die die Leute direkt spüren."

Die Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses findet am Dienstag, 2. Juni, 19 Uhr, im Gangeszimmer des Rathauses in Waldniel statt. Die öffentliche Fraktionssitzung der Grünen ist am Montag, 1. Juni, 19 Uhr, im Trauzimmer des Rathauses. Wer den Antrag der Grünen und die Verwaltungsvorlage dazu lesen möchte, findet beides im Internet unter www.schwalmtal.de (klicken auf: Rathaus und Politik - Ratsinformationssystem - Sitzungsvorlagen - Gremium wählen: Haupt- und Finanzausschuss - Erleichterung der Bürgerbeteiligung).

(RP)
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