Viersen Heute beginnt der Luca-Prozess

Viersen · Der Kindergarten war sensibilisiert, das Jugendamt handelte, das Gericht war eingeschaltet. Und trotzdem starb der fünfjährige Luca in Viersen durch rohe Gewalt. Heute beginnt der Prozess gegen den Stiefvater und die leibliche Mutter

 6. November 2016: Viele hundert Menschen versammeln sich im Zentrum von Dülken zu einem Gedenkmarsch für den getöteten fünfjährigen Luca.

6. November 2016: Viele hundert Menschen versammeln sich im Zentrum von Dülken zu einem Gedenkmarsch für den getöteten fünfjährigen Luca.

Foto: Busch

Ein Mann, der den kleinen Sohn seiner Freundin zu Tode misshandelt haben soll, steht vom heutigen Dienstag an in Mönchengladbach vor Gericht. Der 27-Jährige soll das fünfjährige Kind im Oktober 2016 gewürgt und geschlagen haben. Die Anklage lautet auf Totschlag und gefährliche Körperverletzung.

 Blumen, Kerzen und Stofftiere wurden vor Lucas Wohnung abgelegt.

Blumen, Kerzen und Stofftiere wurden vor Lucas Wohnung abgelegt.

Foto: Busch Franz-Heinrich sen.

Der kleine Luca erlitt laut Anklage ein Schädel-Hirn-Trauma und einen Milzriss, wie das Landgericht Mönchengladbach mitteilte. Der 24-jährigen Mutter, die ebenfalls vor Gericht steht, wirft die Anklage Misshandlung durch Unterlassen vor. Sie hatte nach einer gerichtlichen Auflage dafür sorgen müssen, dass der Mann keinen Kontakt zu ihrem Jungen bekommt. Dem soll die junge Frau nicht nachgekommen sein.

In ihrer Anklageschrift hatte die Staatsanwaltschaft die Tat noch als Mord bewertet. Die 7. große Strafkammer eröffnete das Verfahren davon abweichend wegen Totschlags. "Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Umstände der Tötung im Einzelnen nicht klar genug seien, um auf die von der Staatsanwaltschaft angenommene Heimtücke zu schließen", erklärte Gerichtssprecher Jan-Philipp Schreiber. Lucas leiblicher Vater tritt als Nebenkläger auf.

Laut Anklage hatte der 27-jährige Lebensgefährte der Mutter den Jungen schon im Januar geschlagen und ihm im April mit einem Feuerzeug am Rücken verbrannt. Obwohl das Kind der Mutter gesagt haben soll, dass das ihr Freund gemacht habe, hat die Frau laut Anklage den Kontakt weiter zugelassen.

Der Kindergarten des Jungen hatte das Jugendamt schon im Januar eingeschaltet. Nachdem das Jugendamt den Jungen vorübergehend in Obhut nahm, durfte die Mutter das Kind unter Auflagen wieder nach Hause holen: Sie musste allerdings dafür sorgen, dass ihr Freund keinen Kontakt zu dem Kind hatte.

Als im Kindergarten im April die Verbrennungen am Rücken auffielen, wurde erneut das Jugendamt informiert, kam es zum Gerichtstermin. Dort bestritt die Mutter laut Staatsanwaltschaft, dass Luca Kontakt zum Stiefvater hatte. Das Amtsgericht ließ die Erziehungsfähigkeit der Mutter prüfen. Der Sachverständige kam zu dem Schluss, dass das Kindeswohl des kleinen Jungen nicht gefährdet sei und vom Freund der Mutter keine Gefahr ausgehe.

Lucas Tod hat viele Menschen in Viersen tief bewegt. Als der Tod des fünfjährigen Kindes bekannt wurde, legten Nachbarn, Freunde und Fremde Kerzen und Blumen vor dem Wohnhaus nieder. Wenige Tage darauf wurde eine Gedenkveranstaltung organisiert - rund 500 Menschen strömten in den Dülkener Ortskern und entzündeten Kerzen als Zeichen gegen Gewalt und für Menschlichkeit. Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) begrüßte das: "Bei aller Trauer und Bestürzung über das schreckliche Ereignis macht es Hoffnung zu sehen, wie die Menschen zusammenstehen für eine bessere Zukunft."

(mrö)
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