Schwalmtal Hinauf zu den Glocken von St. Michael

Schwalmtal · Der Turm der Waldnieler Pfarrkirche ist von weither zu sehen. Doch was sehen Besucher, die vom Kirchturm aus ins Land schauen? Das erfuhren Kinder jetzt bei einer Führung mit Schwalmtals Pfarrer Thorsten Aymanns

 Das Gewölbe wird nur von den Säulen der Kirche getragen. Es ist mit Glaswolle isoliert.

Das Gewölbe wird nur von den Säulen der Kirche getragen. Es ist mit Glaswolle isoliert.

Foto: Sroka Birgit

Wer auf dem Waldnieler Markt steht und am Turm der Pfarrkirche St. Michael nach oben schaut, sieht es sofort: Unten hat der Turm vier Ecken, oben acht. Bei vielen Kirchtürmen ist das so, und das hat einen Grund: "Die vier Ecken stehen für die vier Himmelsrichtungen", erklärt Pfarrer Thorsten Aymanns. Und die Zahl Acht ist im Judentum und Christentum die Zahl des Neubeginns, sie bezieht sich auf den achten Tag nach der Vollendung der Schöpfung.

Aymanns und der Kirchbauverein von St. Michael bieten in diesem Sommer eine Veranstaltungsreihe für Kinder an. Architektur und Ausstattung des "Schwalmtaldoms" stehen im Mittelpunkt. Im ersten Teil geht es hoch hinaus: Kinder und Eltern erklimmen den Kirchturm. Anders als in Ritterburgen führt die Wendeltreppe entgegen des Uhrzeigersinns nach oben. "Hier wird nicht gekämpft", erklärt der Pfarrer und fügt hinzu: "In einer Burg geht es anders herum nach oben. Damit hatte der Ritter die rechte Hand frei, um das Schwert festzuhalten."

 Pfarrer Thorsten Aymanns lässt den großen Klöppel gegen die bronzene Glocke schwingen. Ihr Ton hallt noch lange nach. Insgesamt hängen vier Glocken im Turm, an besonderen Festtagen läuten alle.

Pfarrer Thorsten Aymanns lässt den großen Klöppel gegen die bronzene Glocke schwingen. Ihr Ton hallt noch lange nach. Insgesamt hängen vier Glocken im Turm, an besonderen Festtagen läuten alle.

Foto: Birgit Sroka

98 schmale, abgetretene Stufen führen zum ersten Halt. Dass die Kirche so hoch ist, liege auch daran, dass früher niemand ein Handy oder ein Radio hatte, erklärt Aymanns, "jeder sollte von weitem die Uhr erkennen können". "Ist unter uns eigentlich nur der Holzboden oder auch Beton?", möchte ein Jugendlicher wissen. "Nur ein Holzboden", sagt Aymanns schmunzelnd. Doch er beruhigt. Die Kirche sei erdbebensicher gebaut: "Die Kirche steht genau auf einer Erdbebenkante. Wenn es ein Erdbeben gibt, dann hier. Aber das letzte Erdbeben hat der Turm gut überstanden."

Weiter geht es durch eine Tür und über Holzdielen weiter in den Speicher über dem Kirchengewölbe. Das Gewölbe ist mit Glaswolle isoliert. Alles, was man hier sieht, wird nur von den Säulen der Kirche getragen. 1884 wurde die Kirche fertiggestellt. Das Dach wurde 1880 schon mit Schiefer gedeckt. "Die damalige Firma war stolz, das Dach gedeckt zu haben, und hatte eine Flasche mit allen Unterschriften der Dachdecker in den Dachstuhl gelegt", erzählt der Pfarrer. "Bei der letzten Sanierung haben die Enkel der damaligen Dachdecker dann die Flasche gefunden und einen neuen Zettel hineingelegt mit ihren Namen."

 Vom Kirchturm schweift der Blick weit ins Land - unten ist der Waldnieler Markt zu sehen.

Vom Kirchturm schweift der Blick weit ins Land - unten ist der Waldnieler Markt zu sehen.

Foto: Sroka Birgit

Über eine steile Holztreppe mit 50 Stufen geht es weiter nach oben. Von den vergitterten Fenstern aus können die Besucher weit blicken - bis Süchteln, Mönchengladbach und Wegberg. "Hier ist aber viel Grün", staunen die Kinder. "Was haben wir es doch schön hier", stellen die Erwachsenen fest. Eine Eisentreppe führt weiter in den Glockenraum. Dort hängen die Glocken St. Michael (2900 Kilogramm), St. Maria (2050 Kilogramm), St. Bartholomäus (1400 Kilogramm) und St. Antonius (850 Kilogramm). Die Glocke St. Bartholomäus stiftete Bartholomäus Rosbach, einst Besitzer von Haus Clee, die Glocke St. Maria wurde seiner Mutter gewidmet, weiß Aymanns zu berichten. Vom Klang der großen Glocke überzeugen sich die Besucher selbst: Aymanns lässt den großen Klöppel gegen die bronzene Glocke schwingen. Lange hält der Ton an. Wenn die Uhrzeit geschlagen wird, geschieht dies über den Glockenhammer einer Glocke. Bei Festen wie Pfingsten oder Silvester läuten alle Glocken.

Am Ende machen sich die Kinder vorsichtig auf den Weg nach unten.

(bigi)
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