Schwalmtal Im Alter gemeinsam in einer WG leben

Schwalmtal · In Waldniel ist die erste Demenz-WG eröffnet worden. In der "Wohngruppe Am Kaiserpark" leben Menschen mit Demenz wie eine Familie zusammen und lernen, sich gegenseitig zu unterstützen.

 Bauherr Hubert Wetzels (hinten links), Hauswirtschafterin Claudia Plenkers, Ellen Fiddrich vom ASB und Dr. Stefan Berger in der Wohngruppe. Die ersten Bewohner haben in dem Neubau in Waldniel ein Zuhause gefunden.

Bauherr Hubert Wetzels (hinten links), Hauswirtschafterin Claudia Plenkers, Ellen Fiddrich vom ASB und Dr. Stefan Berger in der Wohngruppe. Die ersten Bewohner haben in dem Neubau in Waldniel ein Zuhause gefunden.

Foto: Ahlen

"Das ist die Wohnform der Zukunft", sagt Dr. Stefan Berger, Landtagsabgeordneter der CDU aus Schwalmtal, nach einem Besuch in der "Wohngruppe Am Kaiserpark". "Diese Art des Zusammenlebens wird den Menschen und ihren Bedürfnissen gerecht und ist zudem für die Angehörigen deutlich kostengünstiger als die Unterbringung in einem Heim. So kann man dem demografischen Wandel begegnen."

Die Lebenserwartung wird immer höher, und in vielen Familien wird überlegt, wie man selbst leben möchte, wenn man alt ist. Vielfach steht aber auch die Notwendigkeit dahinter, dass gerade ein Elternteil oder Partner beginnt, dement zu werden. Denn der Wunsch der meisten Menschen ist klar: Es soll ein Zuhause sein, in dem man alt werden darf, und möglichst kein Heim. Der Schwalmtaler Hubert Wetzels (60) hat solche Fälle schon selbst in seinem Umfeld erlebt. Als er vom Konzept der Wohngruppe hörte, beschloss er, dass genau so etwas in dem Neubau, den er an der Lange Straße plante, entstehen soll.

Acht Menschen können in der großzügigen Wohnung im Erdgeschoss, die über Terrasse und Garten verfügt, ein Zuhause für den letzten Lebensabschnitt finden. Jeder hat dort ein eigenes Zimmer mit Bad, dazu kommt ein großer Wohnbereich mit einer offenen Küche für die gemeinsame Nutzung.

Fünf der insgesamt acht Plätze sind vergeben, für einen gibt es bereits einen Interessenten, zwei Plätze sind noch frei. Alle Räume sind mit Möbeln eingerichtet, die die Bewohner aus ihrem alten Zuhause mitgebracht haben. An den Wänden hängen Bilder, die Erinnerungen bergen. Der Charakter eines Pflegeheims fehlt völlig, vielmehr entsteht durch die individuelle Einrichtung der Charakter einer ganz normalen Wohnung - eben eines Zuhauses.

Jeder Bewohner hat einen eigenen Mietvertrag über anteilig etwa 45 Quadratmeter der Wohnung. Dazu haben die Angehörigen und Betreuer eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Diese Gesellschaft hat entschieden, dass der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) als Pflegedienst die anfallenden Aufgaben übernimmt und einen entsprechenden Vertrag mit dem Unternehmen geschlossen. Der Beirat der Angehörigen entscheidet auch darüber, wer zu den vorhandenen Bewohnern passt und in ein noch freies oder später einmal frei werdendes Zimmer einzieht.

Als Hauswirtschafterin überlegt Claudia Plenkers gemeinsam mit den Bewohnern, was auf den Tisch kommt. Wer mag, kann dann bei der Zubereitung des Essens und beim Tischdecken helfen. Auch andere Tätigkeiten, die an Zuhause erinnern, wie das Wäschefalten oder Kuchenbacken, werden gemeinsam ausgeführt. Zusätzliche Betreuungskräfte sind rund um die Uhr da - tagsüber zum Vorlesen, Spielen oder für kleine Hilfestellungen, in der Nacht als Nachtwache. Somit ist eine 24-Stunden-Betreuung gewährleistet.

Wer zusätzlichen Pflegebedarf hat, kann diese Leistungen - genau wie in der eigenen Wohnung - beim Pflegedienst hinzu buchen. Auch wenn sich im Laufe der Zeit der Zustand eines Bewohners verschlechtert, der Bewohner vielleicht sogar bettlägerig wird, können diese Leistungen der Pflegestufe entsprechend gesteigert werden. Umziehen muss deshalb niemand.

Im Augenblick steht bei den Bewohnern die Vorfreude auf Ostern, das erste gemeinsame Fest in der Wohngruppe, im Mittelpunkt. Vielleicht ist das Wetter dann genauso schön wie am Wochenende, so dass die Ostereier auf der Terrasse verspeist werden können.

(hah)
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