Viersen Innere Einkehr unter den Linden

Viersen · Die Kapelle St. Peter ist das älteste Baudenkmal der Region. Karl der Große soll sie der Legende nach um 800 errichtet haben. Belegt ist, dass der Kern der Kempener Kapelle aus dem 12. Jahrhundert stammt

 Die Holzdecke von 1889 zeigt Bildnisse berühmter heiliger Päpste.

Die Holzdecke von 1889 zeigt Bildnisse berühmter heiliger Päpste.

Foto: Kaiser Wolfgang

Kein geringerer als Karl der Große, König des fränkischen Reiches und später Römischer Kaiser deutscher Nation, soll einst in der Region um Kempen gemeinsam mit dem ebenfalls bedeutenden Papst Leo III. auf die Jagd gegangen sein. Allerdings verirrten der weltliche und der christliche Herrscher sich in den damals noch dichten Wäldern des Kempener Landes. Als sie nach langem Herumirren wieder auf die Jagdgesellschaft stießen, war für Papst Leo klar, dass es sich dabei um eine göttliche Fügung handelt, die sofort mit dem Bau einer Kapelle gewürdigt werden müsse.

Karl kam dem nach und ließ ein Ziegel-Fundament errichten, auf dem in Fachwerkbauweise eine kleine Kapelle entstand. Papst Leo selber soll sie eingeweiht haben. Vielleicht war es aber auch nur ein einfacher Holzbau. Und vielleicht war es auch jemand anders als Karl der Große. So genau lässt sich das alles nicht mehr nachweisen. Fest steht, dass die Kempener Kapelle St. Peter urkundlich bereits um 1000 nach Christus erwähnt wurde und ihr heutiger Kern aus dem 12. Jahrhundert stammt. Damals wurden das Langhaus und der Chor nach Osten im romanischen Stil errichtet.

Ende des 14. Jahrhunderts wurde die Taufkapelle, die heute als Sakristei dient, nach Süden angebaut. Der heutige Bau ist um 1610 teilweise erneuert worden. Damals gab es noch einen Anbau mit Gerichtsstube, die aber 1873 abgebrochen wurde. Im Glockenturm läutet eine 50 Kilogramm schwere Bronzeglocke, die 1667 gegossen wurde. Im 18. Jahrhundert drohte die Kapelle zu zerfallen, was aber von den Bauern der umliegenden Höfe verhindert wurde.

 Küsterin Marlies Hennes in der Kirchenbank vor dem kleinen schlichten Chor mit Altar und Ambo.

Küsterin Marlies Hennes in der Kirchenbank vor dem kleinen schlichten Chor mit Altar und Ambo.

Foto: WOLFGANG KAISER

Neben dem christlichen Glauben kam auch die weltliche Bildung in St. Peter nicht zu kurz. Auf der Wiese vor der Kirche wurde im Jahre 1745 eine Schule errichtet. Der Kirchmeister und die Nachbarn behielten sich das Recht vor, den Lehrer selbst zu bestimmen, der mit Naturalien bezahlt wurde. Da es zu dieser Zeit noch keine Schulpflicht gab, blieben viele Kinder in der Erntezeit der Schule fern.

Im 19. Jahrhundert verbesserte sich die Schuldisziplin, es gab mehr Schüler - das Gebäude musste deshalb mehrfach erweitert werden. Bis 1962 wurde in acht Klassen unterrichtet. Ein Jahr später wurde die Landschule abgerissen, die Schüler hatten ein neues Domizil bekommen. Seitdem ist der Blick auf das kleine Gotteshaus, das in frischem Weiß erstrahlt, unverbaut. Auch im Inneren sind die Wände weiß gestrichen. Vier große Heiligenfiguren, die Petrus, Maria mit dem Jesuskind, Antonius und Rochus zeigen, haben dort ihren Platz. Über dem schlichten Altar hängt ein barockes Kreuz. Auf dem Boden liegen Blausteinplatten. Der Blick zu Decke lohnt sich. Die Holzbretter wurden im 19. Jahrhundert mit Motiven aus der Heilsgeschichte und den Bildnissen bedeutender Päpste bemalt. Leo III. ist allerdings nicht darunter.

 Die Kapelle St. Peter in den Feldern zwischen Vorst und Kempen gelegen, ist eine beliebte Station für Radtouren (von der Vorster Straße aus).

Die Kapelle St. Peter in den Feldern zwischen Vorst und Kempen gelegen, ist eine beliebte Station für Radtouren (von der Vorster Straße aus).

Foto: STEPHANIE WICKERATH

Die Kapelle St. Peter, die idyllisch zwischen Feldern gelegen ist, ist ein beliebtes Ausflugsziel für Radtouren. Bänke unter den Linden vor dem Gotteshaus laden zum Verweilen ein. Zum Kirchweihfest im Juni pilgern die Kempener traditionell nach St. Peter. Außerdem wird jeden Sonntag um 9.15 Uhr ein Gottesdienst in der historischen Kapelle gefeiert. Von Mai bis September ist das kleine Gotteshaus jeden ersten Sonntag im Monat von 13 bis 17 Uhr zur Besichtigung und zum Gebet geöffnet.

(RP)
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