Viersen Kämmerer: Viersen soll lebendig bleiben

Viersen · Viersen hat wieder einen Finanzchef. Gestern wurde der gebürtige Dormagener Norbert Dahmen als Kämmerer vereidigt. Er will nicht nur sparen, sondern eine Vision für die Kreisstadt entwickeln.

 Bürgermeister Günter Thönnessen (l.) überreichte dem neuen Kämmerer Norbert Dahmen gestern seine Ernennungsurkunde. Dahmen ist zunächst für acht Jahre als Beigeordneter gewählt.

Bürgermeister Günter Thönnessen (l.) überreichte dem neuen Kämmerer Norbert Dahmen gestern seine Ernennungsurkunde. Dahmen ist zunächst für acht Jahre als Beigeordneter gewählt.

Foto: Stadt Viersen

Norbert Dahmen hat sich viel vorgenommen. Nachdem Bürgermeister Günter Thönnessen den Juristen gestern zum neuen Beigeordneten der Stadt Viersen ernannt hatte, erklärte er, was er in den kommenden Monaten und Jahren so alles vorhat: in Viersen heimisch werden, den städtischen Haushalt konsolidieren, dabei eine Vision für die Stadt entwickeln - gemeinsam mit der Politik. Bei einer Stadt mit einer Haushaltslage wie der Viersener müssten alle zusammenarbeiten. "Es gibt hier zwei Lösungsmöglichkeiten: Man kann sich preußisch kaputtsparen oder rheinisch lebendig bleiben. Ich bin für die zweite Lösung", sagte Dahmen.

Ein Blick auf Viersens Haushaltslage zeigt, dass das leichter gesagt als getan ist. Seit Jahrzehnten gibt die Stadt mehr aus, als sie einnimmt. Sie muss ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen, das zeigt, wie sie eines Tages zu einem ausgeglichenen Haushalt zurückfindet - sonst kann irgendwann das Land einen Sparkommissar einsetzen, der allein bestimmt, wie es mit dem städtischen Haushalt weitergeht. Trotz aller Sparbemühungen ist für dieses Jahr ein Defizit von 13 Millionen Euro eingeplant. Und wie um die Schwierigkeiten zu bekräftigen, informierte das statistische Landesamt IT.NRW während Dahmens Ernennung darüber, dass die Verschuldung der Städte und Gemeinden im Land einen neuen Höchststand erreicht hat. Viersen hat daran seinen Anteil, pro Kopf liegt der Schuldenstand bei knapp 1950 Euro. Das ist nach Nettetal der zweithöchste Wert im Kreis Viersen.

Für Dahmen ist eine solche Finanzlage nichts neues. 17 Jahre hat der Volljurist in der Kölner Stadtverwaltung gearbeitet, zuletzt als Leiter der Steuerabteilung und stellvertretender Amtsleiter des Kassen- und Steueramtes. Auch die Stadt Köln musste jahrelang ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen. Allerdings konnte Köln sich davon lösen: Dies gelang laut Dahmen unter anderem, weil die Stadt weitere Steuern erhob, etwa für den Zweitwohnsitz. Tausende Bürger mit Zweitwohnsitz in Köln meldeten sich nach der Änderung um. Ohne, dass irgendjemand umgezogen war, hatte die Stadt offiziell mehr Einwohner und bekommt nun Millionen Euro mehr von Land und Bund.

Dahmen weiß, dass diese Idee zu Viersen nicht passt, hier nicht denselben Effekt hätte. Doch das Beispiel soll zeigen, dass er überlegen will, was sich in Viersen ändern kann, um einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. "Ich kenne Haushaltssicherungskonzepte, die viel visionärer sind als das HSK in Viersen", sagte er.

Bürgermeister Thönnessen hält es für einen Vorteil, dass Dahmen von außerhalb kommt. Ebenso wie die neue Technische Dezernentin solle sich Dahmen nicht in bestehende Strukturen einfügen. Stattdessen erhofft sich der Verwaltungschef neue Ideen.

Am Montag hat der neue Kämmerer seinen ersten Arbeitstag im Dülkener Rathaus. Erst einmal möchte er seine neuen Kollegen besser kennenlernen, sich dann genauer mit dem Viersener Haushalt beschäftigen. Er kennt zwar die öffentlich zugänglichen Zahlen, aber noch nicht das, was dahinter steht: Prognosen, Entwicklungen der vergangenen Jahre. Mithilfe dieser Daten kann er ja möglicherweise erste Ideen entwickeln.

(RP)
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