Viersen Keine Mix-Getränke an Milchtankstellen

Viersen · Den Verbrauchern ist wieder ein Stück Eigenverantwortung genommen worden. An den Milchtankstellen im Kreis Viersen dürfen Flaschen mit portioniertem Getränkepulvern nicht mehr verkauft werden

 Rita Stauten hat an der Milchtankstelle auf dem Stautenhof einen Hinweis angebracht, der die Kunden über die geänderte Ausgabe informiert.

Rita Stauten hat an der Milchtankstelle auf dem Stautenhof einen Hinweis angebracht, der die Kunden über die geänderte Ausgabe informiert.

Foto: WOLFGANG KAISER

Vielen Kunden ist es an den Milchtankstellen in Neersen und St. Tönis bereits aufgefallen. In den Regioautomaten, die neben der Milchtankstelle stehen, fehlen die Halbliterflaschen mit portioniertem Getränkepulver. Bis vor kurzem konnten die Kunden diese Flaschen an den Automaten ziehen und bei Wunsch direkt mit Milch befüllen, schütteln und hatten damit einen frischen Milchshake mit ihrem gewählten Geschmack. Diese Flaschen dürfen laut einem Urteil des Verwaltungsgerichtes Münster vom 1. März aber nicht mehr verkauft werden.

"Ein Angebot zur Abfüllung von Rohmilch in kleinen Flaschen, ergänzt durch die Möglichkeit der Herstellung eines Rohmilchmischgetränkes, stelle einen deutlichen Anreiz dar, die Rohmilch bzw. das Milchmischerzeugnis aus Rohmilch unmittelbar und damit ohne das erforderliche Abkochen zu verzehren. Der Milchproduzent nehme somit billigend in Kauf bzw. ermuntere durch die Angebotsform sogar noch dazu, die Abkochempfehlung nicht zu beachten", heißt es in dem offiziellen Urteil des Gerichts.

Eine Aussage, die bei der Familie Stauten, die in Neersen eine Milchtankstelle betreibt, als auch bei der Familie Driehsen in St. Tönis, verständnisloses Kopfschütteln auslöst. In beiden Milchtankstellen sind Hinweise auf das empfohlene Abkochen der Rohmilch zu finden. "Wir informieren den Verbraucher darüber, dass Rohmilch abgekocht werden sollte. Ob der Kunde dies macht, liegt letztendlich in seiner eigenen Verantwortung", sagt Marietta Driehsen. Viele kämen ja gerade zu ihr, weil sie die Rohmilch schätzen und auch so trinken möchten. Der Verbraucher dürfe selber entscheiden, wie bei jedem anderen Projekt auch. Doch diese Eigenverantwortung werde den Kunden bei den Halbliterflaschen mit den Getränkepulvern nun genommen. "Wir haben strenge Hygienevorschriften und werden entsprechend kontrolliert. Mit dem Urteil werden uns ein Stückweit Handschellen angelegt", so Driehsen.

Sowohl bei Stauten als auch bei Driehsen fragen sich die Landwirte, wie es mit anderen Produkten ist. "Mir fallen spontan Softeis und Mett ein. Beide können Quellen für Verunreinigungen sein. Trotzdem darf es verkauft werden. Hier spricht niemand davon, dass der Verbraucher animiert wird, diese Produkte zu kaufen", so Driehsen. Warum nun die Milchflaschen mit Getränkepulver explizit ins Visier genommen werden, löst Unverständnis bei Landwirten und Kunden aus.

"Das Urteil kann nicht ignoriert werden. Wir müssen uns an die Rechtsvorschriften halten", sagt indes Helmut Theißen. Der Leiter der Veterinär- und Lebensmittelüberwachung des Kreises Viersen sieht zwar auch die Verbraucher in ihrer Eigenverantwortung beschränkt und steht der generellen Vermarktung direkt ab Hof positiv gegenüber, aber dennoch sind die Kontrollen umzusetzen.

"Von den Vorteilen, die Rohmilch mit sich bringt, spricht aber niemand", sagt Stauten empört. Rohmilch enthalte viele nützliche Darmbakterien, die für eine optimale Verbauung sowie ein funktionierendes Immunsystem wichtig seien.

Nach einer Studie, die im "The Internet Journal of Asthma, Allergy and Immunology" veröffentlicht wurde, soll Rohmilch das Risiko für Kinder, an allergiebedingten Erkrankungen zu leiden, um bis zu 40 Prozent reduzieren. Viele Menschen mit einer Laktose-Unverträglichkeit vertragen Rohmilch gut.

(RP)
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