Niederkrüchten Keine Versuchskaninchen

Niederkrüchten · Rund 250 Schüler, Eltern und Lehrer haben gestern in Niederkrüchten für den Erhalt der Realschule demonstriert. Eine Mischung aus Wut und Unsicherheit prägt die Szenerie. Bürgermeister Winzen hat einen schweren Stand.

Timm Fleissgarten ist auf eine Stele am Lindbruch geklettert. "Wir werden bis zum Schluss um unsere Realschule kämpfen", ruft der Schülersprecher in ein Megafon. Lauter Jubel schlägt ihm entgegen. 250 Schüler, Eltern und Lehrer der Realschule wollen ihre Schule behalten. Mit Vuvuzelas, Tröten und Trommeln sind sie durch den Ort gezogen. Auf Schildern und Plakaten stehen Parolen wie "Für den Erhalt der Realschule" oder "Wir wollen nicht Versuchskaninchen der NRW-Politik sein".

Einer Gemeinschaftsschule stehen die Demonstranten — vorsichtig ausgedrückt — skeptisch gegenüber. "Unser Ziel ist der Erhalt der Realschule, so wie sie ist. Schüler, Eltern und Lehrer fühlen sich hier wohl", sagt Dagmar Buchholz, Vorsitzende der Schulpflegschaft. "Die Gemeinschaftsschule ist ein Modellversuch. Wer weiß, dass der funktioniert?", fragt Buchholz. "Wir wollen eine kleine Schule bleiben", ergänzt Timm Fleissgarten. Gerade das sei das Besondere. Darum habe die Realschule bei den letzten Lernstandserhebungen und den Abschlussprüfungen "super Ergebnisse" erzielt.

Anmeldezahlen rückläufig

Die Unsicherheit ist groß. Bürgermeister Herbert Winzen kann sie nicht zerstreuen. Die Realschule leiste hervorragende pädagogische Arbeit, trotzdem seien die Anmeldezahlen rückläufig. 70 Prozent der Niederkrüchtener Grundschulabsolventen wechseln auf eine weiterführende Schule außerhalb der Gemeinde.

"Die Eltern stimmen mit den Füßen ab", so der Bürgermeister. Nach den Prognosen des Schulentwicklungsplanes werde es im Schuljahr 2012/13 nur noch 36 Anmeldungen für die Realschule geben. Nötig wären 56. "Als eigenständige Schule in Trägerschaft der Gemeinde kann die Realschule nicht weiterbestehen", sagt Winzen schonungslos.

Mögliche Lösungen, um den Schulstandort zu erhalten, seien eine Gemeinschaftsschule oder eine Art Schulverband mit Schwalmtal. Beides werde geprüft. Sollte es zur Gemeinschaftsschule kommen, sei sichergestellt, dass der geordnete Realschulbetrieb weiterlaufe, bis der letzte Realschuljahrgang die Schule verlässt.

Hans-Josef Seng wünscht sich noch ein wenig Zeit. Er ist stellvertretender Schulleiter, arbeitet erst seit Mai an der Realschule — und ist total begeistert. Die Schule sei mit ihrer Ausstattung und ihrem Programm "ganz oben". Sie trage das Gütesiegel "Individuelle Förderung", beteilige sich erfolgreich an einem landesweiten Projekt zur Senkung der Sitzenbleiberquote und nehme am gerade in NRW gestarteten Modellversuch zur Einführung des Fachs Wirtschaft an Realschulen teil.

"Wir haben uns sehr reingehängt", betont Seng. "Uns ist es wichtig, dass wir jetzt nochmal eine Chance bekommen."

(RP)
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