Kreis Viersen Kerosin - das gefährliche Erbe der Briten

Kreis Viersen · Mindestens 140.000 Liter Flugbenzin sind aus einer Leitung der Royal-Air-Force-Basis in Elmpt ins Grundwasser gelaufen.

 2015 sollen die Briten die Javelin Barracks verlassen. Unter dem Gelände des Militärflughafens wurde eine dicke Schicht Kerosin entdeckt.

2015 sollen die Briten die Javelin Barracks verlassen. Unter dem Gelände des Militärflughafens wurde eine dicke Schicht Kerosin entdeckt.

Foto: Busch

Noch wohnen britische Soldaten mit ihren Familien in den Kasernen und Häusern der Javelin Barracks, dem streng bewachten Militärgelände im Örtchen Elmpt nahe der niederländischen Grenze. Wie viele Militärangehörige es genau sind, weiß von den deutschen Behörden niemand so richtig.

"Die Briten lassen sich da nicht in die Karten schauen. Aber wir schätzen, dass es noch rund 1000 sind, die dort wohnen und arbeiten", sagt Axel Küppers, Sprecher des Kreises Viersen. Die Militärbasis mit dem Flughafen wird gerade aufgelöst. Bis 2015 wollen die Briten abgezogen sein. Hinterlassen werden sie — das steht heute schon fest — einen kontaminierten Boden. Mindestens 140.000 Liter Kerosin sind in die Erde gesickert. "Das ist ein Millionenschaden", sagt Küppers.

Ausgelaufen ist das Flugbenzin aus einer leckgeschlagenen Leitung. Das Kerosin hat sich 20 Meter tief im Boden in einer dicken Schicht über das Grundwasser gelegt. Die tatsächliche Größe des Kerosinsees ist noch nicht bekannt. "Die Untersuchungen dauern an. Aber die Fläche ist wohl kleiner, als von unseren Experten erwartet worden ist", sagt Küppers. "Wir müssen aber damit rechnen, dass es weiter unangenehme Überraschungen geben wird."

Die Royal Air Force (RAF) hat das Gelände nach dem Zweiten Weltkrieg vom Bund zur Verfügung gestellt bekommen und dort einen Flughafen errichtet. Der Stützpunkt ist hermetisch abgeriegelt. Es existieren nur wenige Fotos von der Basis — sowohl von außen als auch von innen. Denn zu Zeiten des Kalten Krieges wurden auf dem Stützpunkt unter anderem Atombomben gelagert. Erst als feststand, dass der Stützpunkt aufgelöst werden würde, lockerte die RAF ihre Sicherheitsbestimmungen etwas und ließ externe Behördenvertreter und Politiker auf das Gelände.

Umweltexperten des Kreises Viersen konnten deswegen erst vor einem Jahr mit ihren "orientierenden Untersuchungen" des mittlerweile stillgelegten Flughafens beginnen. In den Jahrzehnten davor konnten wegen des Militärgeheimnisses keine Bodenproben genommen werden. Dabei hätte die Umweltkatastrophe vermutlich verhindert werden können. Denn schon vor einigen Jahren soll auf dem Militärflughafen unter einem Tanklager eine undichte Stelle in einer Leitung entdeckt worden sein, die an eine Pipeline angeschlossen war. Doch das Leck, aus dem jetzt das Kerosin austrat, wurde bei der Kontrolle offenbar übersehen oder nicht repariert. Der Sache werde jetzt nachgegangen, heißt es beim Kreis Viersen.

Die zuständige Aufsichtsbehörde ist die Bezirksregierung Düsseldorf. Beim Umweltministerium erfuhr man erst Dienstagnachmittag von dem Kerosinsee unter dem Airport. "Uns war das bislang nicht bekannt", sagte ein Sprecher. "Wir kennen bisher nur den Fall unter dem Shell-Werk." Er meint damit einen der größten Umweltskandale in den vergangenen Jahren in NRW. Unter der Raffinerie in Wesseling bei Köln liefen mindestens 1,2 Millionen Liter Flugbenzin aus defekten Pipelines in die Erde. Unter dem Werk befindet sich seitdem etwa sieben Meter unter der Erdoberfläche ein gigantischer See aus Flugbenzin, der aufwendig abgepumpt wird. Der Schaden für die Umwelt ist wie in Elmpt immens: Das Grundwasser ist kontaminiert. "Wir stellen uns auf langwierige Sanierungen ein, die Jahre dauern können", sagt Axel Küppers.

Nach dem Abzug der Briten fällt das Areal wieder zurück an den Bund. Der Kreis Viersen führt im Auftrag der Bundesregierung die sogenannten Konversionsgespräche. Darin besprochen wird auch, wer für den finanziellen Schaden aufkommen wird, der durch das ausgesickerte Flugbenzin entstanden ist. Die derzeitigen Untersuchungen, die auf drei Jahre ausgelegt sind, finanzieren das Land NRW, der Kreis Viersen und die Gemeinde Niederkrüchten, zu der Elmpt gehört.

Die Gesamtkosten allein für diese Untersuchungen: rund 750.000 Euro. Die Briten haben bisher einen siebenstelligen Betrag für die Sanierung gezahlt. "Wir wissen aber nicht, ob sie auch nach ihrem Abzug weiterzahlen werden", sagt der Kreissprecher. "Es ist abzuwarten, wer am Ende auf diesem Schaden sitzen bleiben wird." Die Briten haben sich zu dem Thema bislang nicht geäußert.

(RP/anch/rl)
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