Kreis Viersen Krankenhäuser leiden unter Grippewelle

Kreis Viersen · In den Krankenhäusern in Nettetal und Viersen sind fast alle Betten belegt. Weil auch viele Pfleger krank sind, machen die verbliebenen Mitarbeiter Überstunden. "Wir gehen auf dem Zahnfleisch", so AKH-Geschäftsführer Thomas Axer

 Die Grippewelle hat einen neuen Höchststand erreicht. Bei den Ärzten sind die Wartezimmer voll, in den Krankenhäusern sind fast alle Betten belegt. An den Folgen der Erkrankung starben in dieser Grippesaison schon 216 Menschen.

Die Grippewelle hat einen neuen Höchststand erreicht. Bei den Ärzten sind die Wartezimmer voll, in den Krankenhäusern sind fast alle Betten belegt. An den Folgen der Erkrankung starben in dieser Grippesaison schon 216 Menschen.

Foto: dpa

"Die seit Dezember andauernde Grippewelle bringt viele Krankenhäuser in NRW an ihre Kapazitätsgrenze", sagt Jochen Brink, Präsident der Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen. Auch die Krankenhäuser in Viersen und Nettetal melden Personalmangel und volle Betten.

Im Allgemeinen Krankenhaus (AKH) in Viersen sorgen nicht nur die vielen Patienten für hohe Belastungen. Das Personal ist ebenfalls stark betroffen. Viele Mitarbeiter sind erkrankt und bleiben zu Hause. "Wir gehen auf dem Zahnfleisch", sagt Thomas Axer, einer der beiden Geschäftsführer des AKH. Das Haus sei voll und fast alle Betten seien belegt. Die Mitarbeiter müssten Überstunden machen. Manche Grippe-Patienten müssten aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr isoliert werden und alleine in einem Zimmer untergebracht werden, in dem eigentlich Platz für zwei Patienten wäre. Das reduziere die Bettenkapazität.

Die Ärzte und Pfleger müssten bei diesen Patienten besondere Vorsichtsmaßnahmen treffen, wie beispielsweise Schutzkleidung tragen. Das sei zusätzlich sehr zeitaufwendig, sagt Axer. Kim-Holger Kreft, ebenfalls Geschäftsführer des AKH, erklärt: "Das kalte Wetter begünstigt natürlich diese Erkrankungen, da sich die Gefäße zusammenziehen. Das gilt auch für andere Fälle, wie zum Beispiel Herzinfarkte." Das Krankenhaus suche jetzt nach pragmatischen Lösungen. "Wir haben vor, Mitarbeiter aus dem Verwaltungsbereich, die eine Pflegeausbildung haben, aber nicht mehr in der Pflege tätig sind, wieder einzusetzen", erklärt Axer. Erst kürzlich ging ein informierendes Schreiben an die Mitarbeiter.

Auch im St.-Irmgardis-Krankenhaus in Viersen-Süchteln sei das Haus voll mit Grippe-Patienten, sagt Sigrid Baum, Sprecherin des Krankenhauses. Sie betont aber, dass keine Station oder Abteilung deswegen geschlossen wäre. "Wir sind immer noch einsatzfähig", sagt sie. Die Mitarbeiter seien hoch engagiert und motiviert. Isolation oder Quarantäne sei bei Grippe-Patienten im Haus nicht vorgesehen.

In Nettetal ist die Situation ähnlich. Es hätten zwar auch hier keine Stationen geschlossen werden müssen, aber das liege nur daran, dass alle Mitarbeiter engagiert helfen würden, sagt Jörg Schneider, Geschäftsführer des Städtischen Krankenhauses in Lobberich. "Wir sind teilweise schon über der Belastungsgrenze", sagt Schneider. In den Stationen seien beinahe schon alle Betten belegt. Wie auch in den anderen Krankenhäusern, erkranken zusätzlich viele Mitarbeiter. Das muss durch hohes Engagement und Überstunden ausgeglichen werden. "Wir stehen auf der Kante", sagt Schneider. Die Situation bereite dem Krankenhaus auf Dauer große Probleme. Das Robert-Koch-Institut bestätigt, dass die Zahl der Grippefälle ungewöhnlich hoch sei und vielen Krankenhäusern Sorgen bereite.

Die Krankenhausgesellschaft Nordrhein-Westfalen kritisiert deshalb den geforderten Kapazitätsabbau in den Krankenhäusern. Das Krankenhaus trage Verantwortung für die bestmögliche medizinische Versorgung. Das gelte auch bei schweren Ereignissen, wie einer stetig zunehmenden Grippewelle. Der Kapazitätsabbau sei somit ein falsches Signal an die Bevölkerung, warnt der Präsident der Krankenhausgesellschaft NRW Brink. Zwischen 2006 und 2016 habe sich die Zahl der Kliniken in NRW schon von 437 auf 348 reduziert. Die Zahl der stationär behandelten Patienten sei dagegen gleichzeitig von 3,9 Millionen auf 4,6 Millionen gestiegen.

(RP)
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