Kreis Viersen Kreis prüft Verteilung von Jodtabletten

Kreis Viersen · Aus Sorge vor einem Defekt im belgischen Atommeiler Tihange werden in Aachen und Mönchengladbach Jodtabletten verteilt. Damit soll die Belastung durch Radioaktivität reduziert werden. Der Kreis Viersen will zunächst Details klären

Knapp 114 Kilometer trennen die Kreisstadt Viersen vom umstrittenen belgischen Kernkraftwerk Tihange. Mehrere Pannen und bauliche Mängel wie Haarrisse schüren unweit der Grenze die Angst. Die Sorge vor einem Reaktor-Defekt und vor den Folgen hat jetzt den Kreis Viersen erreicht.

"Wir überlegen, ob wir auch Jodtabletten an die Einwohner im Kreis Viersen verteilen sollen", sagt Kreisdirektor Ingo Schabrich. Deshalb sind Gespräche mit Vertretern des Kreises Heinsberg sowie der Städte Mönchengladbach und Krefeld geplant. In Mönchengladbach sollen jetzt zur Vorbeugung Jodtabletten an alle Bürger bis 45 Jahre verteilt werden - insgesamt rund 133.000 Stück.

Wie man sich auf den Ernstfall vorbereitet
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Foto: Christoph Reichwein

Was können Jodtabletten bei einem Kraftwerksunfall überhaupt bewirken? Dabei tritt Radioaktivität aus, darunter auch radioaktives Jod. Dieses wird im Körper über die Schilddrüse aufgenommen - vorausgesetzt, das Organ ist nicht bereits durch Tabletten mit Jod gesättigt. Laut Ingo Schabrich sei dabei der Zeitpunkt wichtig, an dem das Spurenelement eingenommen worden: "Das darf nicht so früh, aber auch nicht zu spät sein."

Verteilt werden soll das Medikament an alle Menschen im Alter von 18 bis 45 Jahre. "Bei Kindern und Jugendlichen ist der Nutzen einer präventiven Jodgabe gegenüber der Aufnahme von radioaktivem Jod abzuwägen. Ältere Menschen nehmen durch eine verringerte Schilddrüsenfunktion weniger Jod auf - also auch weniger radioaktives Jod - auf", erläutert Schabrich. Er warnt: "Falsch eingenommen, können Jodtabletten gefährlich sein." Sie seien ein hochwirksames Medikament.

Für einen Notfall, bei dem Radioaktivität frei wird, gibt es im Kreis Viersen bereits Notfallpläne. "Die notwendige Anzahl an Tabletten haben wir vorrätig", erläutert der Kreisdirektor. Die Verteilungsmechanismen seien festgelegt. Dabei würde die Feuerwehr eingesetzt.

Doch Ingo Schabrich weist auf logistische Details hin, die vorab zu klären sind: "Was passiert mit Menschen, die neu in den Kreis ziehen, was mit denen, die aus dem Kreis wegziehen - müssen die ihre Tabletten wieder abgeben?" Zudem ändere sich jedes Jahr der Kreis der Nutzer - dadurch, dass Jugendliche 18 Jahre werden und andere ihr 45. Lebensjahr vollenden: "Müssen wir regelmäßig neu verteilen?"

Zurzeit seien laut Schabrich für einen Ernstfall ausreichend Jodtabletten vorhanden. Für eine präventive Verteilung müssten aber neue bestellt werden.

(RP)
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