Kreis Viersen Manuel Andrack erzählt Geschichten vom Gehen

Kreis Viersen · Welche skurrilen Dinge man unterwegs erlebt, hat der bekannte Moderator und Autor aufgeschrieben

Die aktuelle Sonderausstellung im Niederrheinischen Freilichtmuseum in Grefrath erzählt Ge(h)schichten vom Wandern, Laufen und Marschieren. Was dieses kleine Wortspiel andeutet, weiß jeder, der regelmäßig zu Fuß unterwegs ist. Im Gehen, der langsamen und natürlichsten Fortbewegungsart des Menschen, erschließt sich die Umwelt auf ganz intensive Weise. Kleine und größere Geschichten tun sich wie von selbst am Wegesrand auf. Und manchmal kann das Gehen auch dazu beitragen, sich historischen Ereignissen anzunähern, indem man sie quasi "unter die Füße nimmt". Das hat der wanderbegeisterte Moderator, Redakteur und Autor Manuel Andrack ganz konsequent umgesetzt.

In einer Art Selbstversuch ist er Wege gegangen, die wichtige Phasen in der Geschichte markieren, wie etwa die antiken Großreiche, die Geburt Jesu, die Kreuzzüge, die Reformation oder die französische Revolution. Im Freilichtmuseum las er vor rund 60 Zuhörern aus seinem Buch "Schritt für Schritt. Wanderungen durch die Weltgeschichte". Die Grundidee des Buches sei es, für jede klassische Schulbuchepoche nach einem mehr oder weniger typischen Weg Ausschau zu halten, schreibt Andrack im Vorwort. Die zeitliche Messlatte setzt im Neandertal im Jahr 40.000 vor Christus an und endet im Jahr 2015 in einem Flüchtlingstreck am bayerischen Grenzübergang Hanging.

Die Zuhörer nimmt er bei der Lesung zunächst mit auf eine historische Römerstraße im Hunsrück, die die Festung Bingen mit dem römischen Trier verbunden hat und heute als Weitwanderweg dient. Als römischer Legionär mit einer originalgetreu nachgebildeten Rüstung ausgestattet, die nicht weniger als 36 Kilogramm wiegt, wird der Weg zur Kraftanstrengung. Es tut sich ein kleiner Eindruck davon auf, welche Kondition ein römischer Soldat bei den Märschen aufbrachte. Und dass so eine Legion mit Nägeln unter den Schuhsohlen einen gewaltigen Lärm verursacht haben muss.

Unterhaltsam und oft komisch sind die Erzählungen, die gleichzeitig auf leichte Art und Weise interessantes historisches Hintergrundwissen vermitteln. Ausgefallen wird es, wenn etwa ein Gang mit Fans des FC Köln zum Stadion als Vergleich mit dem ersten mittelalterlichen Volkskreuzzug herhalten muss. Oder wenn Andrack mit einem Freund den Jakobsweg vom Ziel aus startet, ihn quasi verkehrt herum begeht und den Pilgern auf der letzten Wegstrecke entgegengeht.

Viele spannende und skurrile Details überraschen. Etwa, dass die Pilger in der Kathedrale von Santiago die Umarmung einer Heiligenstatue dem Besuch des Schreines des Heiligen Jakobus vorziehen. Und dass es in einem Lokal an der Wegstrecke strengstens verboten ist, die Wanderschuhe auszuziehen. Andrack erkannte, dass Pilgern anders als das Wandern oftmals mit körperlichen Qualen verbunden ist.

Einem Millionenpublikum bekannt wurde Andrack in seiner Zeit als verantwortlicher Redakteur für die Harald-Schmidt-Show. In den Jahren 2000 bis 2007 war er als so genannter "Sidekick" Ansprechpartner und Stichwortgeber für den Entertainer. Als 2008 die Zusammenarbeit mit Harald Schmidt endete, hatte Andrack bereits mehrere Wander-Bücher veröffentlicht.

(RP)
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