Niederkrüchten Mertens und Mertens fangen Emotionen ein

Niederkrüchten · Mit Tschechow, Rilke und von Eichendorff standen drei Dichter im Mittelpunkt des Musikabends

Rationales Verstehen ist in der Verbindung von Literatur und Musik niemals genug. Daher nahmen der Komponist und Autor Paul Mertens sowie Kirchenmusiker Volker Mertens zum Niederkrüchtener Musikabend ihre Zuhörer im Pfarrheim von St. Bartholomäus mit in ein Reich, das oft eher erspürt als erklärt werden will.

Der Fokus richtete sich auf die Persönlichkeiten und das Schaffen der Dichter Josef von Eichendorff, Anton Tschechow und Rainer Maria Rilke. Die Musikauswahl spiegelte wider, wie deren Werke von Komponisten reflektiert wurden. Paul Mertens trat als Interpret und zu eigenen Vertonungen als Komponist auf. Volker Mertens überzeugte als Sänger und hervorragender Rezitator. Der Auftakt mit Robert Schumans Lied "Der Einsiedler" war für die Verknüpfung von Musik und Wort gut gewählt. Zu Paul Mertens versierter Begleitung gestaltete Volker Mertens ausdrucksvoll und feinsinnig in hervorragender Artikulation der Sprache. Das war der Auftakt zu einer spannenden Zwiesprache der Künste im Verbund mit vielfältigen Denkanstößen.

"Bei Rilke kommen wir an einem Punkt, wo wir die Bilder wirken lassen können ohne das Bestreben, sie zu verstehen", forderte Paul Mertens während der Betrachtung von geheimnisvoll anmutenden Sprachbildern auf, sich einfach einzulassen. Der Musiker und Moderator hatte für die fundierte Informationsfülle wieder einmal reich recherchiert und auch Bezüge zum Heute hergestellt.

So zeigte er sich überzeugt, dass die drei Dichter auch den Menschen des 21. Jahrhunderts noch viel zu sagen hätten. Er machte besondere Lebensumstände und Brüche in den Biografien bewusst. Von Eichendorff war als Oberpräsidialrat ein fleißiger Verwaltungsmensch und hatte doch die Novelle "Aus dem Leben eines Taugenichts" geschrieben. Der Arzt Anton Tschechow verdiente sein Geld als Schriftsteller, während er seine Patienten kostenlos behandelte. Rilke schließlich scheiterte an den Ansprüchen des Vaters, fand aber bedeutende Menschen, die seine Sprache als bereichernd empfanden.

Paul Mertens hatte sich von den ausgewählten Dichtern zu Kompositionen inspirieren lassen, die er eindrucksvoll vortrug. Sein Spiel fing Emotionen ein, verwandelte landschaftliche Impressionen in Klangbilder, spiegelte literarisch eingefangene Zerrissenheit oder schien schwebend versonnen zu verglühen. Duo-Partner Volker Mertens sprach etwa Tschechows ausgewählte Monologe mit darstellerischer Expressivität, in die er eindrucksvoll Erregung, Impulsivität und emotionale Erstarrung zu legen verstand.

Zu Tschaikowskys Lied "Leise schwebt eine Seele" klang der Abend behutsam aus.

(anw)
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