Kreis Viersen Minderjährigen nach der Flucht helfen

Kreis Viersen · Das Kreisjugendamt rechnet mit bis zu 250 Kindern und Jugendlichen, die in das neue Flüchtlingslager Elmpt kommen.

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Foto: Dieter Weber

In sieben Tagen werden die ersten der 2500 Flüchtlingen in den "Javelin Barracks" erwartet - darunter bis zu 250 Kinder und Jugendliche, die allein ihre Heimat verlassen haben. So lautet die aktuelle Schätzung des zuständigen Jugendamtes im Kreis Viersen. Das frühere Gelände der britischen Streitkräfte in Elmpt/Niederkrüchten wird nun in ein Aufnahmelager des Landes umgewandelt. Dort sollen Flüchtlinge unterkommen, die nach bis zu drei Wochen in andere Kommunen verwiesen werden.

Sich um die Minderjährigen dort zu kümmern, das wird eine Herausforderung für das Kreisjugendamt. "Wenn ich das wüsste", sagte Lothar Thorissen, der Leiter des Amtes für Jugend, Schule und Familie, mit einem Seufzen auf die Frage "Was bedeutet das konkret?"

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Foto: dpa, awe

Denn in den bisherigen Planungen sind zahlreiche unbekannte Größen enthalten. "Zudem ändern sich die Vorgaben auf Landesebene", erläuterte Jugendamtsdezernent Ingo Schabrich in der Sitzung des Kreis-Jugendhilfeausschusses. So soll noch in diesem Jahr ein neuer Referentenentwurf der Landesregierung in Kraft treten. Einige der dortigen Änderungen bezeichnet er als "durchaus ambitioniert". Zudem sei unklar, ob tatsächlich im Abstand von zwei bis drei Wochen immer wieder neue Asylbewerber nach Niederkrüchten kommen.

Feststeht dagegen, wie die dort angekommenen Kinder und Jugendlichen leben werden: "Wir haben mit ,European Homecare', dem Betreiber der Einrichtung für das Land, gesprochen", so Schabrich. Demnach soll es einen geschützten, mit einem Zaun gesicherten Bereich für die Minderjährigen geben; sie werden zudem ein separates Gebäude beziehen. Der Kreissozialdezernent geht davon aus, dass "die meisten der Neuankömmlinge zwischen zwölf und 18 Jahre alt sind". Sie sollen im Rahmen der Möglichkeiten sozialpädagogisch begleitet werden, bei akuten Problemen soll ihnen geholfen werden", sagte Schabrich.

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Foto: dpa, shp htf mbk

"Unsere vordringliche Aufgabe ist es, Plätze für die stationäre Unterbringung zu suchen und sicherstellen", betonte Lothar Thorissen. Das Problem: Diese Plätze gibt es noch nicht alle. Zehn zusätzliche Plätze hat sich der Kreis in einer Gruppe in "Schloss Dilborn" gesichert. 30 weitere Plätze soll es in Grefrath-Mülhausen bei den "Schwestern zur Lieben Frau" geben, auch dort ist "Schloss Dilborn" Betreiber.

Die Mitarbeiter des Kreisjugendamtes müssen bei minderjährigen Flüchtlingen zwei Aufgaben erledigen. Zum einen müssen sie sich als das erste zuständige Amt um diese kümmern und sie in Obhut nehmen - so lange, bis ein Erziehungsberechtigter oder ein anderes Jugendamt dies tut. Zum anderen muss das Kreisjugendamt für Kinder und Jugendliche Verantwortung tragen, die endgültig in seiner Obhut verbleiben. "Diese Abläufe sind für alle Minderjährigen identisch, etwa, wenn ein Vormund gebraucht wird", so der Kreissozialdezernent gegenüber unserer Redaktion. Dann muss sich das Amt um den Alltag des Minderjährigen kümmern: Wo wird er leben? Welche Hilfe braucht er, welche Schule kann er besuchen, welche beruflichen Perspektiven gibt es?

Für die jungen Flüchtlinge heißt das: Nach ihrer Ankunft schätzen jeweils zwei Mitarbeiter ihr Alter ein; bei einer "Qualifizierten Inaugenscheinnahme" sprechen sie mit ihnen über ihre Situation, klären familiäre Verhältnisse, fragen nach der Flucht und nach deren Ursachen. "Gerade dieses erste Gespräch ist nicht einfach - und das nicht nur wegen der Sprachbarrieren", sagte Ingo Schabrich. Dabei könnten die Dolmetscher von "European Homecare" helfen. Zugleich müsse in den Gesprächen aber erst ein Zugang zu den Minderjährigen gefunden werden - bei traumatisierten Flüchtlingen nicht einfach. "Diese Aufgaben haben wir auf Mitarbeiter verteilt", so Lothar Thorissen. Zwei Kräfte seien von anderen Tätigkeiten im Jugendamt abgezogen worden. Doch: "Auch wir müssen erst Erfahrungen sammeln", machte Schabrich deutlich.

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(RP)
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