Schwalmtal/Mönchengladbach Mordanklage nach illegalem Autorennen

Schwalmtal/Mönchengladbach · Weil sich drei Fahrer am 16. Juni in Mönchengladbach ein Wettrennen lieferten, musste ein unbeteiligter Fußgänger sterben. Für den Staatsanwalt ist es Mord. Ob die Kammer des Gerichts das genauso sieht, ist noch nicht entschieden

 Bis unter dieses geparkte Auto wurde der Fußgänger geschleudert.

Bis unter dieses geparkte Auto wurde der Fußgänger geschleudert.

Foto: Rixkens

Staatsanwalt Stefan Lingens hat gegen den 28-jährigen Autofahrer aus Schwalmtal, der bei einem illegalen Rennen in der Gladbacher Innenstadt einen Fußgänger erfasste und tötete, Anklage wegen Mordes erhoben. Einem zweiten Teilnehmer des Rennens wirft er Gefährdung des Straßenverkehrs und Unfallflucht vor. Das Verfahren gegen einen dritten Raser wurde eingestellt. Zum Zeitpunkt des Unfalls waren illegale Autorennen noch keine Straftat, sondern lediglich eine Ordnungswidrigkeit. "Der Mann gab zwar an, etwas schneller unterwegs gewesen zu sein, aber er wurde nicht geblitzt", sagt Stefan Lingens.

Es ist Freitag, 16. Juni, kurz nach 23 Uhr: Drei Autofahrer geben auf der Fliethstraße Gas, sind erheblich schneller unterwegs als die erlaubten 40 km/h. Ein Wagen weicht zum Überholmanöver auf die Gegenfahrbahn aus, erfasst einen 38-jährigen Mann mit voller Wucht. Der Fußgänger wird 35 Meter durch die Luft geschleudert. Die alarmierten Rettungskräfte versuchen noch, das Unfallopfer wiederzubeleben. Doch der Mann stirbt.

Der 28-Jährige, der mit seinem Auto den Fußgänger erfasste, kam wenig später in Untersuchungshaft. Auch damals hieß der Vorwurf schon Mord. Doch ob der junge Mann aus Schwalmtal sich tatsächlich deswegen vor Gericht verantworten muss, ist noch nicht entschieden. Wie Landgerichtssprecher Jan-Philip Schreiber gestern sagte, gibt es noch keinen Eröffnungsbeschluss. "Die Kammer muss noch darüber entscheiden." Sind illegale Autorennen mit tödlichem Ausgang Mord? Gibt es wirklich einen Vorsatz zu töten? "Die Fragen werden von verschiedenen Gerichten unterschiedlich beantwortet", weiß Schreiber.

Würde der 28-Jährige wegen Mordes verurteilt, drohte ihm "lebenslänglich", nach dem neuen Gesetz zu illegalen Autorennen mit Todesfolge wären es zehn Jahre Gefängnis. Aber das Gesetz gab es zu dem Unfallzeitpunkt noch nicht. Es wurde erst wenige Tage später auf den Weg gebracht.

Das Unfallopfer, ein ehemaliger Soziologie-Student, der aus Süddeutschland stammt und in Mönchengladbach nach dem Studium gearbeitet hatte, zog sich eine Schädelverletzung mit Hirnstammriss zu. Dazu kamen diverse andere Verletzungen. Der Wagen des 28-Jährigen hatte ihn mit mindestens 75 km/h erfasst. Das hat ein Gutachten ergeben.

Die Polizei hatte wenige Tage nach dem tödlichen Crash den Unfall mit den Originalfahrzeugen nachgestellt. Die Aufprallzeit sei durch ein computergesteuertes System in dem schwarzen Seat festgehalten worden, sagt Lingens. Ausgelöst worden sei die Aufzeichnung durch eine Beleuchtungs-Glühbirne, die beim Zusammenstoß zu Bruch ging. Aus Aufprallgeschwindigkeit und Bremsspuren lasse sich errechnen, dass der Fahrer zuvor mit etwa 100 km/h, vielleicht auch etwas schneller, auf der Straße unterwegs war.

Der Unfallfahrer machte bisher nur wenige Angaben zu dem Geschehen am 16. Juni. Er saß in der Nacht mit einem Verwandten im Auto. Auch die anderen beiden Fahrer, die am Rennen beteiligt gewesen sein sollen, hatten zur Tatzeit Beifahrer.

(gap)
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