Polizistin stirbt bei Unfall auf A61 Haftbefehl gegen alkoholisierten Lkw-Fahrer

Viersen · Bei einem schweren Unfall auf der Autobahn 61 bei Viersen ist am Mittwochabend eine Polizistin getötet worden, als ihr Einsatzfahrzeug von einem Lkw erfasst wurde. Der Lkw-Fahrer hatte zwei Promille im Blut. Am Abend erging Haftbefehl.

Schlimmer Unfall mit Lkw auf A61 bei Viersen - Polizistin stirbt
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Polizistin bei schwerem Unfall auf A61 getötet

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Foto: dpa, hjb

Es ist etwa 20.45 Uhr, als am Mittwochabend die grenznahen Polizeidienststellen den Hinweis von ihren Kollegen in Maastricht erhalten: Ein aus den Niederlanden kommender Lastwagen (40 Tonnen) mit ukrainischem Kennzeichen fahre in Schlangenlinien auf der A 61 in Richtung Koblenz. Sofort wird eine Fahndung eingeleitet, an der sich neben Streifenwagen der Autobahnpolizei Düsseldorf auch Fahrzeuge der Polizei Viersen beteiligen. Einen dieser Streifenwagen steuert eine 48-jährige Polizeibeamtin. Auf dem Beifahrersitz neben ihr sitzt ein 22-jähriger Kommissaranwärter, auf der Rückbank eine 23-jährige Polizistin. Ihr Wagen befindet sich gegen 21 Uhr auf der A 61 etwa 700 Meter hinter der Anschlussstelle Viersen mit eingeschaltetem Blaulicht und Warnblinkanlage auf dem Seitenstreifen. Plötzlich taucht hinter ihnen der gesuchte Lkw auf. Ein Zeuge wird später aussagen, dass der Laster in Höhe des Streifenwagens urplötzlich auf den Seitenstreifen gezogen ist und dort den Streifenwagen gerammt hat.

Getötet durch die Wucht des Aufpralls

Für die 23-jährige Polizistin auf der Rückbank kommt jede Hilfe zu spät. "Sie wurde durch die Wucht des Aufpralls getötet", sagte ein Polizeisprecher. Ihre beiden Kollegen erlitten schwerste Verletzungen und wurden ins Krankenhaus gebracht. Die 48-jährige Fahrerin schwebte am Donnerstagabend in Lebensgefahr. Der 48-jährige Lkw-Fahrer, der unverletzt blieb, wurde festgenommen. Er war betrunken. Ein Alkoholtest ergab, dass er zwei Promille im Blut hatte. "Er hat offenbar schon vor dem tödlichen Zusammenprall auf niederländischem Staatsgebiet für Unfälle gesorgt", hieß es aus Polizeikreisen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen fahrlässiger Tötung. In dem Fall droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Aber auch Vorsatz könne laut Polizei zum jetzigen Ermittlungsstand noch nicht ausgeschlossen werden. Eine Mordkommission wurde eingerichtet. Gegen den Fahrer wurde am Abend Haftbefehl erlassen.

Geklärt werden muss noch, ob der Streifenwagen stand oder fuhr. Rainer Peltz, stellvertretender Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), betont, dass die Polizisten auf der A 61 nur zwei Möglichkeiten für die Kontrolle des Lkw gehabt hätten: Nämlich den Lastwagen abzuwarten und dann entweder hinterher oder voraus zu fahren, um den Fahrer mit Anhaltezeichen zum Stopp am nächsten Rastplatz zu bewegen.

Kollegen stehen unter Schock

Die ersten Polizisten, die am Einsatzort eintrafen, reagierten schockiert und berichteten von Schaulustigen. Im sogenannten WE-Bericht der Polizei (wichtige Ereignismeldung) stand nach Informationen unserer Redaktion jedoch kein Wort über Gaffer oder Schaulustige. "Die am Unfallort zuerst eintreffenden Kollegen befinden sich in einem solchen Moment in einem absoluten Ausnahmezustand. Da kann jede Person, die dort ist, als Schaulustiger angesehen werden", sagt ein Polizist.

Die Betroffenen wurden von Notfall- und Polizeiseelsorger betreut. "Polizisten und eine Polizeiseelsorgerin überbringen in der Regel der betroffenen Familie die Todesnachricht", erklärt Uwe Rieske, Landespfarrer für Notfallseelsorge der Evangelischen Kirche im Rheinland. Polizeiseelsorger seien mit den Belastungen der Beamten im Dienst vertraut. "Sie begleiten sie das Jahr über und sind vielfach in engem Kontakt mit ihnen", so Rieske. Alle anderen Betroffenen - wie in dem Fall etwa die Familie des Lkw-Fahrers - und andere Augenzeugen oder Ersthelfer würden von der Notfallseelsorge betreut. "Das Wichtigste am Anfang ist deren Stabilisierung", betont er. "Wir schauen: Wer ist wie betroffen, als Angehöriger, Augenzeuge, Kollegin oder Ersthelfer? Denen stellen sich Fragen: Was ist eigentlich passiert? Wie geht es einem bekannten Menschen? Wo ist diese Person jetzt? Und was passiert als nächstes?" All diese Fragen könnten er und seine Kollegen in der Regel allerdings nicht beantworten. "Aber wir können dazu beitragen, dass Menschen mit diesen Fragen nicht alleine sind."

Landes- und bundesweit löste der tödliche Unfall Bestürzung aus. In Nordrhein-Westfalen wurde für die Streifenwagen der Polizei Trauerflor angeordnet. In den sozialen Netzwerken bekundeten Polizisten ihre Anteilnahme. NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte, dass ihm die Nachricht zutiefst getroffen hätte. Seine Gedanken seien bei den Angehörigen der Getöteten. "Mit nur 23 Jahren wurde sie plötzlich und unerwartet aus dem Leben gerissen", sagte Reul. "Dieser schreckliche Vorfall zeigt einmal mehr, welchen Gefahren unsere Polizeibeamten Tag für Tag ausgesetzt sind." Auch Rainer Peltz, sprach sein tiefstes Mitgefühl aus und wünschte den Verletzten eine baldige und vollständige Genesung.

(csf)
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