Viersen Publikum stimmt gegen Selbstjustiz

Viersen · Die Volksbühne Viersen ließ für das Entführungsdrama "Der Fall Rautermann" die Zuschauer entscheiden. Alle Aktionen waren hervorragend gespielt

 Die Akteure der Volksbühne Viersen zeigten mit dem Drama "Der Fall Rautermann" ein spannendes Stück in der Tanzschule Behneke.

Die Akteure der Volksbühne Viersen zeigten mit dem Drama "Der Fall Rautermann" ein spannendes Stück in der Tanzschule Behneke.

Foto: Busch

Die Volksbühne Viersen hat mit dem Drama "Der Fall Rautermann" Neuland betreten. Fünf ausverkaufte Aufführungen gab es im Saal der Tanzschule Behneke, keiner klatschte wie bei Komödien üblich: Das Publikum war von dem Thema - Selbstjustiz oder Polizeiarbeit? - so betroffen und von dem Einsatz der Akteure so hingerissen, dass absolute Stille herrschte.

Um ihre Freundin Sonja zu trösten, deren Tochter wie drei weitere Mädchen seit Wochen verschwunden ist und wahrscheinlich ermordet wurde, haben Tina und Thorsten, Silvia und Jens den vermeintlichen Kinderschänder und Mörder Gerd Rautermann entführt und wollen ihn nun mit dem Tode bestrafen. Dabei stehen sie sich allerdings plötzlich feindlich gegenüber.

Ob nun Thorsten (Stefan Holzapfel) oder Jens (Frank Leetz) sich anschrien oder den gefesselten Rautermann (Michael Eichstädt) anbrüllten, ob Sonja (Anke Bridonneau) herzzerreißend weinte und Tina (Gaby Klonisch) oder Silvia (Marion Hormanns) mit der Pistole herumfuchtelte - alle Aktionen waren so überzeugend und so hervorragend gespielt, dass den Besuchern buchstäblich der Mund offen stand.

"Wo sind die Mädchen?" fragten die fünf Freunde, Rautermann antwortete immer wieder: "Ich bin kein Mörder." Dann aber überfiel er Tina und würgte diese, bis Thorsten zu Hilfe kam, der seine "unbändige Wut" an dem Gefangenen ausließ. Dieser legte plötzlich ein "Geständnis" ab, das er allerdings, wie zum Abschluss bekannt gegeben, aus einem Buch entnommen hatte.

Thorsten hatte inzwischen alles über den Fall Rautermann ins Internet gestellt, erhielt Tausende von Antworten - die meisten Menschen forderten den Tod Rautermanns. Wie die Viersener denken, wollte die Volksbühne wissen. Auf jedem Stuhl lagen zwei Umschläge - mit einer gelben und einer blauen Karte. Viergutz bat um Abstimmung: Wer für Selbstjustiz ist, sollte die gelbe Karte abgeben, wer für die Übergabe Rautermanns an die Polizei ist, die blaue Karte. Das Ergebnis - zehn gelbe und 36 blaue Karten - wurde mit starkem Applaus belohnt.

Viel Beifall gab es auch für die Akteure der Volksbühne. Regisseur Viergutz meinte: "Auch das Drama ist Theater, nicht nur das Lustige." Für ihn sei wichtig, dass das Publikum in die Handlung einbezogen wird und mitbestimmen kann.

(flo)
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