Kreis Viersen Retter kommen zu oft zu spät

Kreis Viersen · Die Zahl der Rettungsfahrten hat im Kreis Viersen in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Die Folge: Häufig werden die vorgeschriebenen Einsatzzeiten nicht mehr erreicht. Jetzt sollen zusätzliche Rettungswagen helfen.

 Seltener Anblick: Zwei Rettungswagen stehen in der Viersener Rettungswache an der Gerberstraße. Häufig sind alle im Einsatz. Ein weiterer Rettungswagen soll angeschafft werden; dafür aber reicht die Hallenkapazität nicht.

Seltener Anblick: Zwei Rettungswagen stehen in der Viersener Rettungswache an der Gerberstraße. Häufig sind alle im Einsatz. Ein weiterer Rettungswagen soll angeschafft werden; dafür aber reicht die Hallenkapazität nicht.

Foto: Knappe

Häufiger als gesetzlich erlaubt kommen im Kreis Viersen Rettungskräfte zu spät an den Einsatzort. Seit 2006 müssen sie in städtischen Gebieten innerhalb von acht Minuten vor Ort sein - zumindest in 90 Prozent der Fälle. Wie Frank Kersbaum, Leiter der Feuwehr, jetzt im Ordnungsausschuss ausführte, erreicht die Stadt Viersen diesen Wert seit Jahren nicht. "Wir liegen bei 88 Prozent, Tendenz sinkend", sagte er. Mit dem Problem ist die Stadt Viersen nicht allein: Auch in der Stadt Kempen dauern die Einsatzzeiten zu oft zu lang, soll jetzt Personal aufgestockt werden.

Damit aber dürfte es in Viersen nicht getan sein. Die erst vor 17 Jahren erbaute Rettungswache an der Gerberstraße benötigt einen Anbau, um einen weiteren Rettungswagen aufnehmen zu können. Oder die vielleicht bessere Alternative: Die Rettungswache erhält einen zweiten Standort. In der Politik herrscht Einvernehmen, dass sich an der Situation etwas ändern muss. "Unsere Rettungswache ist für die modernen Anforderungen nicht mehr ausreichend, hier muss dringend etwas geschehen", sagt Ralf Robertz (CDU). Wert legen die Christdemokraten darauf, dass möglichst alle Viersener innerhalb von acht Minuten von einem Rettungsfahrzeug erreicht werden. Auch SPD und FürVie beantragten, die Verwaltung möge ein Konzept erarbeiten.

Gleich vier Gründe gibt es für die Probleme: Zum einen haben sich die gesetzlichen Vorgaben geändert; vor 2006 galten längere Einsatzzeiten als akzeptabel, gab es keine strikte Acht-Minuten-Regelung. Zweitens: "Die Einsatzzahlen sind in den vergangenen Jahren förmlich explodiert", berichtet Kersbaum. "Die Zahl der Einsätze mit Rettungswagen und Notarztwagen stieg von 3700 im Jahr 1996 auf knapp 8600 im Jahr 2015." Das liege nicht zuletzt am demografischen Wandel - immer mehr alleinstehende Ältere benötigten Hilfe. "Das Problem wird weiter zunehmen", ist Kersbaum überzeugt.

Der dritte Grund: geänderte Hygienevorschriften. "Nach Infektionsfahrten müssen die Fahrzeuge desinfiziert werden; hinzu kommen wöchentliche Desinfektionen." Insgesamt habe es im Jahr 2015 fast 720 Fahrzeug-Desinfektionen gegeben, während der die Rettungsfahrzeuge ausfielen, rechnet Kersbaum vor. Hinzu kommt: Baulich ist die Rettungswache für die Desinfektionen eigentlich nicht geeignet; es mangelt schlicht an Platz.

Und Grund Nummer vier: Es habe sich auch das Abmeldeverhalten der Krankenhäuser geändert, berichtet Kersbaum. "Steht ein Krankenhaus nicht zur Verfügung, dann müssen die Rettungswagen weitere Wege fahren, auch das kostet wieder Zeit."

In Viersen werden gerade Standorte analysiert, die für eine Dependance in Frage kommen könnten. Der CDU-Fraktionsvorsitzende Stephan Sillekens macht deutlich: "Wir werden eine Verbesserung der Unterbringung des Rettungsdienstes aber nicht mit einer Verschlechterung der Versorgung der Menschen in Helenabrunn und Robend erkaufen."

(mrö)
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