Viersen Reuter: Zieht jetzt auch die Zentrale weg?

Viersen · Nach dem Bau der neuen Logistik des Bad-Onlinehändlers Reuter in Bedburg droht auch die Umsiedlung der Firmenzentale. 480 Jobs könnten verloren gehen. Das Verhältnis von Bernd Reuter zur Bürgermeisterin ist angespannt

Viersen: Reuter: Zieht jetzt auch die Zentrale weg?
Foto: Hans-Juergen Bauer

Der Stadt Viersen droht der Verlust eines wichtigen Gewerbesteuerzahlers. Bernd Reuter, Gründer und Inhaber des Bad-Onlinehändlers Reuter, erwägt den Abzug seiner Zentrale aus Viersen. "Wir wachsen weiter, platzen jetzt schon aus allen Nähten. Das geht hier nicht mehr lange gut", sagte Reuter gestern im Gespräch mit unserer Redaktion. Sein Unternehmen benötige für die Zentrale ein großes Grundstück; die seien aber in Viersen rar. "Ob das in Düsseldorf oder in Bedburg sein wird - wenn irgendwo ein entsprechendes Grundstück angeboten wird, werden wir uns damit befassen."

Rund 480 Mitarbeiter beschäftigt Reuter in Viersen; die Firma gehört nach Informationen unserer Zeitung zu den wichtigsten Gewerbesteuerzahlern der Stadt. Die Zahlungen sollen im hohen siebenstelligen Bereich liegen.

Erst vor zwei Tagen war bekannt geworden, dass Reuter eine neue Logistik in Bedburg bauen wird, die ursprünglich in Viersen-Mackenstein entstehen sollte - der Unternehmer verwies auf die günstigen Rahmenbedingungen in der 23.000-Einwohner-Gemeinde und den hohen Einsatz des Bürgermeisters.

Viersens Bürgermeisterin Sabine Anemüller (SPD) war von Reuters Entscheidung, die Logistik in Bedburg zu bauen, überrascht worden. Sie hatte die Information aus dem "Grenzland-Kurier" erfahren, betonte: "Seit gut einer Woche habe ich persönlich versucht, mehrfach sowohl telefonisch als auch per E-Mail Kontakt mit Herrn Reuter aufzunehmen." Eine Rückmeldung sei nicht erfolgt.

Reuter erklärte sein Schweigen gestern so: "Es ist gar kein Thema, mich telefonisch zu erreichen. In der gesamten Viersener Verwaltung ist meine Handynummer bekannt. Wirtschaftsförderer Thomas Küppers hat sie. Die Technische Beigeordnete Beatrice Kamper hat sie. Frau Anemüller hat meine Visitenkarte, auf der meine Handynummer draufsteht. Stattdessen erhalte ich vom Vorzimmer der Bürgermeisterin eine E-Mail an unsere info@-Adresse. Man kann so etwas auch kompliziert machen."

Reuter erklärte den Kauf eines Baugrundstücks in Bedburg mit der Zeitnot - geschuldet einer aus seiner Sicht mangelnden Professionalität von Politik und Verwaltung in Viersen. Hintergrund: Anwohner des Areals in Mackenstein haben bereits angekündigt, gegen den diese Woche im Stadtrat verabschiedeten Bebauungsplan Klage einzureichen; bis Rechtssicherheit herrscht, können Jahre vergehen. "Als die Firma ,hansgrohe' in Offenbach erweitern wollte, war auch sofort eine Bürgerbewegung dagegen. Die dortige Bürgermeisterin hat bei der Firma nachgehakt, eine Mediation eingerichtet, es wurden Kompromisse gefunden - dann war das Thema Klage vom Tisch. Politik und Verwaltung standen in Offenbach geschlossen dahinter", berichtet Bernd Reuter. So etwas, daran lässt er keinen Zweifel, hätte er sich auch in Viersen gewünscht. Der Unternehmer bedauerte, dass der Bebauungsplan eine zweite Offenlage benötigt habe: "Die Stadt hatte ein 500-Quadratmeter-Grundstück überplant, ohne es zu besitzen. Als sie es nicht bekam, mussten die Pläne geändert werden", erklärte Reuter. Allerdings hatte auch sein Unternehmen die Planungen angepasst.

In Viersen stimmten die Grünen, Die Linke und zwei Mitglieder der CDU-Fraktion gegen den Bebauungsplan. Grünen-Fraktionsvorsitzende Martina Maaßen kritisierte: "...großflächige Versiegelung, Wegfall von Ackerflächen, schön gerechnete Verkehrsströme, schon jetzt vorhandener gesundheitsgefährdender Lärm!" Christoph Saßen (Linke) sagte: "Wir haben ein Problem mit dem Bauvorhaben aufgrund der Örtlichkeit." Reuter kritisierte gestern massiv die zwei Nein-Stimmen aus der CDU von CDU-Kreisgeschäftsführer Stephan Seidel und Dülkens Ortsbürgermeister Michael Aach. Beide begründeten ihre Ablehnung im Rat nicht. "In der Politik muss man doch darüber nachdenken: Ist eine solche Ansiedlung gut für die gesamte Stadt - oder ist es besser für einen einzelnen Ortsbürgermeister, wenn sie nicht kommt, weil er sonst vielleicht nicht wiedergewählt wird? Unsere Mitarbeiter, von denen viele aus Viersen kommen, haben sich ein Bild davon gemacht, nach welchen Kriterien in Viersen Ratsmitglieder ihre Entscheidungen treffen."

(mrö)
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