Viersen Scharfe Kritik am Integrationsrat

Viersen · Nachdem das Gremium in der jüngsten Sitzung nicht beschlussfähig war, riss FDP-Ratsherr a Campo der Geduldsfaden. Er nennt die Arbeit des Integrationsrats "unprofessionell". Auch andere Parteien kritisieren das Gremium

Um das Ansehen des Integrationsrats in der Stadt Viersen steht es nicht zum Besten. "Schwerfällig", "zerstritten", "unprofessionell", "unstrukturiert", "ein Geldverteilungsausschuss" - so lauten die Einschätzungen einiger Ratsmitglieder unabhängig von ihrer Parteizugehörigkeit. FDP-Ratsherr Frank a Campo - selbst Mitglied im Integrationsrat - äußerte als erster die harsche Kritik: "Wer erwartet hat, vom Viersener Integrationsrat würden Impulse zum brandaktuellen Thema Integration ausgehen, der wird enttäuscht. Dieser Integrationsrat schafft es selbst in dritter Sitzung in Folge nicht einmal, eine so einfache Sache wie Anträge auf Kleinprojekt-Förderung zu entscheiden", so der Liberale. "Unprofessionell" nennt er die Arbeit in dem Gremium.

Anlass für a Campos Kritik war die schlecht besetzte Sondersitzung am 21. April. Von 18 Teilnehmern erschienen gerade neun Leute. Auch Vertreter der CDU und Grünen fehlten. SPD-Ratsherr Jose Manuel Garcia Limia beantragte daraufhin die Beschlussunfähigkeit. Die Sitzung wurde beendet. Ergebnislos. Dabei stand die Vergabe der Fördermittel auf der Tagesordnung. "Das kann man nicht in so einer schlechten Besetzung entscheiden", begründet Garcia Limia seinen Antrag.

Der Sozialdemokrat gibt dem liberalen Ratsherrn Recht: "Die Arbeit funktioniert nicht. Es fängt damit an, dass es keine Formulare für Vereine gibt, um Anträge auf Fördergelder zu stellen." Der Integrationsrat sei äußerst schwierig zu erreichen, die Unterlagen für seine Sitzungen unübersichtlich.

Auch die Anträge auf Projektförderung sieht Garcia Limia zum Teil kritisch. "Wenn eine tschetschenische Tanzgruppe 4400 Euro Fördergeld beantragt, frage ich mich schon, was das mit Integration zu tun hat. Nichts gegen die Tanzgruppe, aber das ist Folklore."

Franz Lohbusch von den Linken fehlt ebenfalls die inhaltliche Arbeit. Er ist wie Garcia Limia Mitglied in dem Gremium. "Der Integrationsrat beschäftigt sich in erster Linie mit sich selbst. Ich erinnere mich, dass der jetzige Integrationsrat nach seiner Wahl darüber diskutierte, dass die Schlösser an den Türen ausgetauscht werden müssten, weil ihre Vorgänger die Schlüssel nicht zurückgegeben hätten. Die Arbeit ist nicht zielführend. Es ist ein Geldverteilungsausschuss", sagt Lohbusch.

Gigantisch viel Geld hat das Gremium allerdings nicht zu verteilen: Von insgesamt 10.000 Euro sind allein 2000 Euro Fixkosten für Büro, Telefon und Geschäftsführer. Bleiben 8000 Euro zu verteilen.

Im vergangenen Jahr wurden sie an neun Antragsteller vergeben. Der Internationale Bund erhielt rund 2000 Euro für Nachhilfe und Sprachprojekte, 1440 Euro gingen an Nachhilfe für russlandsprachige Migranten, das "Handbuch für Eltern" erhielt knapp 900 Euro.

Neben der tschetschenischen Tanzgruppe gibt es in diesem Jahr acht Antragsteller: das Integrationszentrum mit einem Bastelprojekt, die Atatürk-Gesellschaft mit einem internationalen Kindertag, die Türkisch-Islamische Union mit einem Fest, eine Spiel- und Lerngruppe vom Verein Sonnenschein, ein Sprachkurs sowie Nachhilfe vom Integrationsverein für Russlanddeutsche sowie ein Nachhilfeprojekt des Stadteilbüros Südstadt.

"Die Projektanträge sind schwer zu beurteilen. Die Anträge erfolgen zum Teil handschriftlich", sagt CDU-Ratsherr Jürgen Moers. "Es ist traurig. Eigentlich könnte so ein Gremium so gute Anregungen geben." Moers bestätigt die Verwerfungen innerhalb des Integrationsrates. Die Migrantenvertreter sind in der Interkulturellen Liste und der Viersener Liste organisiert. "Die Verwerfungen gehen aber querbeet durch die Listen", sagt Moers.

Einige gute Arbeitsansätze gibt es schon, finden die Kommunalpolitiker: das Frauencafé, das Handbuch, das Kinderfest. "Es gibt Überlegungen, wie man die Arbeit verbessern könnte, aber das ist noch nicht spruchreif", sagt a Campo.

Die Vorsitzende Züleyha Tok und der Geschäftsführer Konstantinos Nastos beantworteten die elektronischen Anfragen unserer Redaktion in den vergangenen Tagen nicht.

(RP)
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