Viersen Schweinezucht in sechster Generation

Viersen · Landwirt Georg Rauen züchtet seit mehr als 20 Jahren Schweine. Jetzt hat er auch einen Mastbetrieb. Dabei setzt der Viersener auf besonders tiergerechte Haltung. Beim Stallbau halfen seine drei Söhne

 Landwirt Georg Rauen hält in seinem Betrieb in Viersen knapp 400 Mastschweine. Jedes Tier frisst in der Mastphase rund 300 Kilogramm Futter — ein Gemisch aus Getreide mit Soja- und Rapsschrot und Mineralstoffen.

Landwirt Georg Rauen hält in seinem Betrieb in Viersen knapp 400 Mastschweine. Jedes Tier frisst in der Mastphase rund 300 Kilogramm Futter — ein Gemisch aus Getreide mit Soja- und Rapsschrot und Mineralstoffen.

Foto: Knappe Jörg

Der Futterautomat im Schweinestall der Familie Rauen funktioniert ähnlich wie eine Bierzapfanlage in der Kneipe. Hebel betätigen - dann fließen Wasser und ein Getreide-Mineralstoff-Mix aus den Hähnen. Wann immer ein Schwein Hunger hat, stupst es mit der Schnauze nacheinander die beiden Hebel an. Wasser und Futter landen in einem Behälter und verbinden sich zu einem Brei. "Ein Schwein frisst in der Mastphase knapp 300 Kilogramm", sagt Landwirt Georg Rauen. Wenn es sein Zielgewicht von rund 120 Kilo erreicht hat, transportiert es der 52-Jährige zum Schlachthof. Einmal in der Woche liefere er zehn bis 20 Tiere ab, erzählt er. Mit Sauen und Ebern kennt sich Rauen aus, seit zwei Jahrzehnten betreibt er nicht nur Ackerbau, sondern hält auch Schweine auf seinem Hof in Viersen. Ins Mast-Geschäft stieg er jedoch erst vor rund zwölf Monaten ein. Dabei setze er auf besonders tiergerechte Haltung, sagt der Landwirt: "Zwischen Bio und konventionell."

In sechster Generation betreibt Rauen den Hof mit rund 50 Hektar Fläche in Viersen. Vor 22 Jahren übernahm er von seinem Vater die Leitung. Damals verdiente die Familie ihr Geld hauptsächlich mit Schweinezucht und Ackerbau. Doch irgendwann lohnte sich das Geschäft nicht mehr, der Betrieb sei zu klein gewesen, sagt Rauen. "Wir konnten den Markt nicht mehr beliefern und mussten die Tiere unter Preis verkaufen." Also entschied er sich, nicht mehr nur Schweine zu züchten, sondern sie auch zu mästen und das Fleisch zu verkaufen. Pro Kilo bekommt er derzeit vom Schlachter 1,30 Euro plus Mehrwertsteuer.

 Wenn im Schweinestall der Familie Rauen plötzlich ein Fotograf auftaucht, kommen die Tiere sofort neugierig angelaufen.

Wenn im Schweinestall der Familie Rauen plötzlich ein Fotograf auftaucht, kommen die Tiere sofort neugierig angelaufen.

Foto: Jörg Knappe

Knapp 400 Masttiere stehen bei Rauen im Stall, üblicher seien eher Betriebe mit 1000 bis 1500 Tieren und mehr. "Bei der Landwirtschaftskammer hat man uns damals für unseren Plan belächelt", erzählt der Familienvater. Aber einen Stall für so viele Tiere zu bauen, "das war mir einfach zu viel". 800.000 bis 900.000 Euro hätte das gekostet. Stattdessen packten die Söhne Thomas, Christian und Martin mit an. "Wir haben viel in Eigenleistung gemacht. Das ist kein Stall von der Stange". Nach Altersgruppen von knapp drei Monaten bis sieben Monaten sortiert stehen jeweils bis zu 60 Schweine in Abteilen. Jedes hat im Durchschnitt 1,2 Quadratmeter Platz. "Gesetzlich vorgeschrieben sind 0,8 Quadratmeter", erläutert Rauen. Was seinen Stall außerdem von einem konventionellen unterscheide: Der Strohanteil auf dem Betonboden liege bei mehr als 50 Prozent pro Abteil, es gebe statt der mindestes geforderten drei Prozent Fensterfläche mehr als zehn Prozent, außerdem "Beschäftigungsmaterial". So können die Tiere etwa mit Gummilappen spielen, die an Balken geknotet sind. Auch der Futterautomat dient dazu, sie zu beschäftigen.

Ab Mai sei der Mastbetrieb in ein Tierwohlprogramm von Einzelhändlern und Verbänden aufgenommen, das dann startet, sagt Rauen. Es fördere Landwirte, die besonders tiergerecht arbeiten. Die Schweinezucht sei bereits in so ein Programm aufgenommen: "Pro Ferkel bekommen wir vier Euro."

 Thomas Rauen macht derzeit eine Ausbildung zum Landwirt. Er kann sich gut vorstellen, irgendwann den elterlichen Hof zu übernehmen.

Thomas Rauen macht derzeit eine Ausbildung zum Landwirt. Er kann sich gut vorstellen, irgendwann den elterlichen Hof zu übernehmen.

Foto: Fischer

Im Zuchtstall leben die Jungtiere, bis sie nach etwa drei Monaten rund 30 Kilogramm wiegen. Das Getreide fürs Ferkel- und Sauenfutter baut die Familie ebenso selbst an wie das Stroh für die Liegeflächen in den Ställen. 50 Sauen und zwei Eber sorgen für den Nachwuchs, alle drei Wochen wechseln 50 bis 60 Ferkel vom Zucht- in den Maststall. Bis die Tiere zum Schlachthof gebracht werden, bleiben sie in festen Gruppen. Wen der Schlachter mit ihrem Fleisch beliefert, wisse er nicht, sagt Rauen. "Es wäre natürlich schön, wenn man genau wüsste, wo es landet", ergänzt sein Sohn Thomas. Auch deshalb denkt die Familie darüber nach, demnächst Fleisch ab Hof anzubieten. Die besonders tiergerechte Haltung passe ins Konzept, denn: "Mit 08/15-Schweinen brauchen wir hier keinen Direktverkauf anzubieten", sagt Rauen. Damit lasse sich kein Kunde locken.

Sein Sohn Thomas macht derzeit auf einem Hof in Bottrop eine Ausbildung zum Landwirt und ist nur gelegentlich zu Hause. Der 22-Jährige kann sich gut vorstellen, irgendwann den elterlichen Betrieb in Viersen zu übernehmen: "Mir macht die Arbeit Spaß." Der Vater hingegen hadert. "Ich weiß nicht, ob ich wirklich heute noch jemandem dazu raten soll, Landwirt zu werden", gibt er zu. "Was mich stört, ist diese ganze Dokumentationspflicht. Ich frage mich manchmal, ob ich Schweinezüchter oder doch Papierzüchter bin." Von 7 Uhr bis 20 Uhr dauere sein Arbeitstag, auch seine Frau Maria hilft mit, zum Beispiel beim Füttern der Ferkel. Die Ställe müssen ausgemistet, Nachweise etwa über Reinigung und Desinfektion, Tierarzt-Besuche, Fliegenbekämpfung und Futtermittel ausgefüllt werden.

Der Familie ist es wichtig, dass die Schweine bei ihr ein gutes Leben haben. "Aber bei aller Tierliebe - wir müssen auch von unserer Arbeit leben können", sagt Rauen.

(RP)
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