Schwalmtal Schwester Jordana setzt sich für Flüchtlinge ein

Schwalmtal · Schwester Jordana war zu Beginn der Flüchtlingswelle im Nahen Osten unterwegs. Wer das erlebt habe, wolle nur noch eines - helfen.

 Schwester Jordana reiste 2011 in den Nahen Osten. Sie sah unter anderem den Alltag in Flüchtlingslagern an der türkisch-syrischen Grenze.

Schwester Jordana reiste 2011 in den Nahen Osten. Sie sah unter anderem den Alltag in Flüchtlingslagern an der türkisch-syrischen Grenze.

Foto: Thomas Seibert

Einen Moment lang scheint es, als sei die Zeit aufgehoben. Vier Jahre ist es her, dass Schwester Jordana mit einem Fernsehteam um TV-Moderator Rainer Maria Jilg im Nahen Osten unterwegs war. Damals hatte der Bürgerkrieg in Syrien gerade begonnen, und wenn die Ordensfrau heute die "Tagesschau" sieht, fühlt sie sich an ihre Besuche an der syrischen Grenze erinnert, als seien mitnichten vier Jahre vergangen. Schwester Jordana traf dort Menschen auf der Flucht, sie sah zerbombte Häuser und Familien in Angst. Es sind Bilder, die nachwirken. "Natürlich hat sich die Situation seit meiner Nahost-Reise deutlich verschärft", betont die 46-Jährige. Aber wer die Not der Menschen an der syrischen Grenze gesehen habe, der könne nur noch eines wollen: helfen. "Ich habe damals innerlich alle Türen geöffnet", sagt Schwester Jordana.

Die Ordensfrau, die als Kinderdorfmutter im Bethanien Kinderdorf in Waldniel arbeitet, war im Herbst 2011 für eine dreiteilige TV-Dokumentation ("Die Nonne und Herr Jilg") sechs Wochen im Nahen Osten unterwegs. Die Erfahrungen ihrer Reise schildert sie auch in dem Buch "Auf einen Tee in der Wüste", das sie mit der Journalistin Iris Rohmann schrieb. In dem 288 Seiten umfassenden Werk, das zum Bestseller wurde, beschreibt sie ihre 11.000 Kilometer lange Reise bis Jerusalem. Schwester Jordana begibt sich dabei auf die Spuren der drei großen Weltreligionen: Christentum, Islam, Judentum. Das Buch ist immer noch sehr aktuell - gerade vor dem Hintergrund der politischen Entwicklung. Denn es rückt die Menschen in den Mittelpunkt.

Schwester Jordana berichtet gerne von der Herzlichkeit, mit der sie auf ihrer Reise aufgenommen wurde. "Mich hat enorm berührt, mit welcher Selbstverständlichkeit Menschen das Wenige, das sie überhaupt noch haben, teilen", betont sie. "Zugleich habe ich vor Ort gelernt, welches Glück ich habe, in Deutschland ohne Angst leben zu können." Das Recht auf freie Meinungsäußerung, ein funktionierendes Rechtssystem, die Gewissheit, nachts ruhig schlafen zu können - die wirkliche Bedeutung all dieser so scheinbaren Selbstverständlichkeiten sei ihr nochmals richtig bewusst geworden, als sie Menschen sah, deren Leben von Furcht, Not und Verfolgung geprägt war. "Diese Menschen sind Gewalt ausgeliefert, weil sie aus Sicht anderer das Falsche denken, das Falsche sagen oder das Falsche glauben", sagt sie. "Ein solches Ausgeliefertsein würde mich verrückt machen." Das, was sie an der Grenze zu Syrien gesehen hat, bestärkt Schwester Jordana darin, Flüchtlingen zu helfen. In Waldniel pflegt sie engen Kontakt zu einer Flüchtlingsfamilie aus Afghanistan. "Kultureller Austausch auf Augenhöhe ist mir wichtig", stellt Schwester Jordana klar.

Der große Einsatz von Ehrenamtlern in der Flüchtlingshilfe beeindrucke sie. "Wir stehen vor einer riesengroßen Herausforderung, und ich finde es großartig, dass wir uns ihr stellen", sagt die Dominikanerin von Bethanien. "Aber wir brauchen mehr Integration - nur so schaffen wir dauerhaft Verständnis und Akzeptanz."

(RP)
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