Kreis Viersen Seit 40 Jahren Sitz des Kreises

Kreis Viersen · Der Verfassungsgerichtshof machte Viersen zur Kreisstadt. Der Kreistag wollte Kempen.

 Ein Luftbild von Viersen aus dem Buch "Der Kreis Viersen" von 1978. Im Vordergrund links St. Remigius. Die Bebauung am Remigiusplatz und auch der gesamte Rathausmark fehlen noch. Die Hauptstraße ist bereits fußläufig.

Ein Luftbild von Viersen aus dem Buch "Der Kreis Viersen" von 1978. Im Vordergrund links St. Remigius. Die Bebauung am Remigiusplatz und auch der gesamte Rathausmark fehlen noch. Die Hauptstraße ist bereits fußläufig.

Foto: Aerofoto Schwarzer

Vor 40 Jahren, am 1. Januar 1975, wurde die Stadt Viersen offiziell Sitz des bereits im Rahmen der kommunalen Neugliederung 1970 begründeten Kreises Viersen. Die Sektkorken knallten aber erst am 6. Dezember 1975 - wenn überhaupt - am neuen Kreissitz. Denn damals wies der Verfassungsgerichtshof des Landes Nordrhein-Westfalen eine Verfassungsbeschwerde zurück, die sowohl die Stadt Kempen als auch der Kreis selbst eingereicht hatten.

Damit verschwanden nicht nur die KK-Kennzeichen, die voraussichtlich im Mai dieses Jahres wieder zurückkehren werden. Kempen verlor nicht nur den Kreissitz, sondern auch den erst 1970 hinzugewonnenen Stadtteil Hüls (bis dahin eine selbstständige Gemeinde im Landkreis). Damals verloren viele Bürger bereits den letzten Glauben daran, dass die Neugliederung unter einem guten Stern stand. Denn der Kreistag hatte am 31. Januar 1974 in geheimer Abstimmung mit 33 gegen 22 Stimmen beschlossen, am Kreissitz Kempen festzuhalten. Der Gesetzentwurf der Landesregierung respektierte diesen Beschluss, doch der Gesetzgeber im Landtag entschied für die Verlagerung des Kreissitzes nach Viersen. Diese Meinung vertrat übrigens auch die von Oberkreisdirektor Rudolf H. Müller geführte Kreisverwaltungsspitze.

Viersen war im Zuge der Kommunalreform 1970 als kleinste kreisfreie Stadt der Bundesrepublik um Dülken, Süchteln und Boisheim gewachsen. Allerdings war Viersen nun nur Teil eines Kreises und nicht mehr eigenständig. Die Stadt war zudem viel größer als jede andere Gemeinde im Kreis. Gut ein Drittel der Einwohner lebten hier. Im Frühjahr 1976 schob der Kreistag Untersuchungen an, wo und in welchem Rahmen die Kreisverwaltung künftig in Viersen angesiedelt werden sollte. Erst 1984 wurde das Kreishaus auf dem früheren Fabrikgelände der Firma Kaiser's errichtet. Eingeplant war auf der Fläche auch ein neues Rathaus für Viersen. Das stark abgespeckte "Stadthaus" wurde erst vor zehn Jahren, im Januar 2005, bezogen. Wie üblich, gab es heftige Diskussionen über das Für und Wider zu all diesen Projekten.

Am heftigsten umstritten war die Reform insgesamt. Aus Sicht des damaligen Oberkreisdirektors blieb sie Stückwerk. Er hätte den neuen Kreis Viersen gerne noch etwas nach Norden ausgedehnt und die Gemeinde Wachtendonk sowie den Süden der Gemeinde Kerken (Aldekerk, Stenden) hinzugewonnen. Beide Kommunen waren stark nach Kempen ausgerichtet.

Im Westen hatte der Kreis seine Rheinseite komplett verloren. Das Amt Lank und Osterath kamen zum Kreis Grevenbroich und wurden mit Büderich zu Meerbusch. Dieser Kreis überlebte die Neugliederung nicht lange. Meerbusch wurde ein Teil des Kreises Neuss. Heute ist kaum mehr vorstellbar, dass der Kreis Kempen-Krefeld einst unmittelbarer Nachbar von Düsseldorf war. Ilverich, Langst-Kierst und Nierst aus dem Amt Lank liegen nämlich Kaiserswerth unmittelbar gegenüber. Stattdessen gewann der Kreis Viersen im Südwesten die neu gebildete Gemeinde Niederkrüchten (mit Elmpt) hinzu. Beide gehörten zum Kreis Erkelenz, der in Heinsberg aufgegangen war.

(RP)
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