Viersen Siedlung zeigt das Wohnen der Zukunft

Viersen · Die Wohnungsgenossenschaft Viersen hat sich Großes vorgenommen: Sie will für sieben Millionen Euro eine Klimaschutzsiedlung bauen, die einen Überschuss an Strom erzeugt und in der sich die Bewohner Elektroautos teilen.

Viersen: Siedlung zeigt das Wohnen der Zukunft
Foto: Ulrich Beyer

Wie wollen die Viersener in Zukunft leben? Wünschen sie sich Wohnungen oder Häuser, viel oder wenig Platz? Werden sie Spielplätze, Räume, Autos teilen? Energie sparen? Die Wohnungsgenossenschaft Viersen (GWG) hat Antworten auf diese Fragen gesucht und ein neues Projekt entwickelt. Sie will bis Ende 2016 die erste Klimaschutzsiedlung in der Kreisstadt bauen. "Dieses Projekt wirkt für die nächsten 50 Jahre fort", hofft Günter Neumann, Vorstandsmitglied der GWG. Dass das gelingt, ist für die gemeinnützige Genossenschaft wichtig: Sie will sieben Millionen Euro in das ehrgeizige Vorhaben investieren.

Gemeinsam leben Behält die GWG recht, wollen auch in Zukunft nicht alle Viersener im eigenen Einfamilienhaus leben. Also baut die Genossenschaft 48 Mietwohnungen in der Siedlung. Sie sind barrierefrei und zwischen 27 und 109 Quadratmeter groß. Richten soll sich das Angebot an Familien, Paare und Singles jeden Alters, die gemeinsam leben. Gemeinsam heißt, dass sie einen Raum zum Feiern ebenso teilen wie Fahrradräume, einen Spielplatz und eine Tauschbücherei. Heinz Fels träumt von einem Buchclub der Bewohner, der einmal im Monat über Literatur diskutiert. "Das ist ein Steckenpferd von mir", sagt der GWG-Vorstand.

Energie produzieren Die Gebäude in der Siedlung sollen einen Passivhaus-Standard erfüllen - mit dreifach verglasten Fenstern, gut gedämmten Wänden und Belüftungsanlagen, die einen Teil der Wärme aus den Räumen nutzt, um frische Luft anzuheizen. Wenn alles funktioniert wie geplant, werden pro Quadratmeter und Jahr wärmebedingt 7,3 Kilogramm Kohlenstoffdioxid ausgestoßen. Zum Vergleich: Selbst bei einem recht neuen, nach Energieeinsparverordnung von 2007 errichteten Haus, liegt dieser Wert bei 35 Kilogramm. Erzeugt wird die Energie in der Klimaschutzsiedlung selbst. Dazu gibt es Photovoltaikanlagen und sechs 99 Meter tiefe Erdwärmesonden. Die Siedlung soll am Ende mehr Energie produzieren, als die Bewohner verbrauchen. Fossile Brennstoffe werden nicht genutzt. Bei der Planung sei es die größte Herausforderung gewesen, die Energieproblematik und Wohnanforderungen zusammenzubringen, sagt der Architekt Ulrich Beyer.

Mobil bleiben "Ein Auto hat heute nicht mehr den gleichen Stellenwert wie früher", findet GWG-Vorstand Fels. Mobil sollen die Bewohner auch ohne eigenes Vehikel bleiben. Für sie werden Elektroautos angeschafft, die an der Siedlung parken und mit dort produziertem Strom geladen werden. Über eine Internetseite können die Bewohner die Wagen buchen. Dieses Carsharing-Angebot wäre das erste in Viersen. Ob sich die GWG selbst unter die Autobesitzer begibt oder einen Anbieter sucht, steht nicht fest. Auch in gemeinsamen Fahrradräumen soll es Steckdosen geben, an denen die Bewohner ihre E-Bikes aufladen können. Außerdem liegt die Siedlung an der Ecke Krefelder-/Oststraße - also ganz in der Nähe des Bahnhofs.

Zertifizierung Das Projekt wird eine von 100 Klimaschutzsiedlungen in NRW: Das Land hat es zertifiziert. Die GWG erhält einen Zuschuss dafür, der aber unter 200 000 Euro liege - bei Baukosten von mehr als sieben Millionen Euro ist das ein Tropfen auf den heißen Stein.

Mieten Die ersten Interessenten haben sich bei der GWG bereits gemeldet. Wohnen kann man in der Siedlung auch ohne Berechtigungsschein, sie werden frei vermietet. Der Mietpreis soll sich am Mietspiegel in Viersen orientieren - aktuell liegt der Mittelwert für die Kaltmiete eines neuen Gebäudes bei sieben Euro pro Quadratmeter.

Abriss Um die Siedlung zu bauen, wird die GWG elf Häuser (Oststraße 2-20 und Krefelder Straße 104) abreißen. Die letzten beiden Mieter ziehen im August aus. Die Stadt hat die Abrissgenehmigung erteilt. Die alten Häuser sind etwa 100 Jahre alt. Laut Neumann waren sie für die GWG nicht mehr zu halten.

(RP)
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