Viersen Sorge um die Zukunft des Stadtzentrums

Viersen · Die Viersener CDU hatte zu einem Diskussionsabend zur "Nahversorgung in Alt-Viersen" eingeladen. Dabei kamen aus dem Kreis der Einzelhändler diverse Ideen, wie die City attraktiver werden könnte

 So voll wird es in der Viersener Fußgängerzone immer seltener. Unsere Aufnahme entstand am Verkaufsoffenen Sonntag anlässlich des Martinsmarktes.

So voll wird es in der Viersener Fußgängerzone immer seltener. Unsere Aufnahme entstand am Verkaufsoffenen Sonntag anlässlich des Martinsmarktes.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Morgen sollte eigentlich auch der letzte Kaiser's-Markt in Viersen seinen Räumungsverkauf starten - am Sonntag wäre Kaiser's in Viersen endgültig Geschichte gewesen. Nun wurde der Ausverkauf gestern kurzfristig noch einmal um ein paar Tage verschoben. Aber: Aus dem Kaiser's-Markt wird im nächsten Monat eine Netto-Filiale, aus dem letzten Supermarkt im Stadtzentrum von Viersen ein weiterer Discounter. Das, so befürchten auch viele Einzelhändler, wird Auswirkungen auf die Besucherzahlen in der Innenstadt und damit ihre eigenen Geschäfte haben. Sie müssen sich mit dem Mönchengladbacher Shopping-Center Minto und dem steigenden E-Commerce ohnehin mit schwierigeren Rahmenbedingungen auseinandersetzen als noch vor wenigen Jahren. Droht Alt-Viersen demnächst eine verödete City?

Die CDU hatte angesichts der Umwälzungen zu einem Diskussionsabend zur "Nahversorgung in Alt-Viersen" eingeladen. Unter den rund 30 Zuhörern fanden sich auch viele Einzelhändler. "Der Lebensmittel-Einzelhandel ist Frequenzbringer Nummer eins", berichtete Referent Winfried Tackenberg. "Dahinter folgen Drogeriemärkte und Elektronik." Der Unternehmensberater aus Viersen, der mit seinem Haus "Kaiser-Eck" an der Rathausgasse Akzente gesetzt hat, machte deutlich, welch gravierende Veränderungen sich binnen weniger Jahre in der Nahversorgung im Kernbereich der City südlich und westlich der Freiheitsstraße ergeben haben: "Seit 2005 hat sich die Verkaufsfläche der Discounter in Alt-Viersen mehr als verdoppelt. Damals gab es mit den vier Kaiser's-Filialen und dem Real-Markt an fünf verschiedenen Standorten Vollsortimenter." Nach der Schließung der letzten Kaiser's-Filiale wird es nur noch einen Vollsortimenter in Alt-Viersen geben, lässt man den Vienhues-Biomarkt außen vor. Tackenberg machte auch keinen Hehl aus seiner Überzeugung, dass der geplante Edeka-Markt an der Brüsseler Allee die Chancen für einen weiteren Supermarkt südwestlich der Freiheitsstraße dramatisch reduziere.

Schon heute aber kämpften die Einzelhändler in Viersen mit einer gesunkenen Passantenfrequenz. "Sie ist angesichts des Minto noch immer erstaunlich gut, aber noch 2014 lagen wir während der Geschäftszeit leicht über 10.000 Besuchern pro Tag, mittlerweile leicht darunter", so Tackenberg. Und Hubert Rettler, Inhaber der "Galerie am Rathausmarkt", bekannte: "Das Weihnachtsgeschäft war mein schlechtestes seit 14 Jahren."

Er mahnte dringende Veränderungen in Alt-Viersen an, damit sich dort nicht die Entwicklung wiederhole, die Dülken bereits hinter sich habe. "Dülken hat tatsächlich keine Chance mehr, es befindet sich in einem unwahrscheinlich traurigen Zustand", sagte CDU-Ratsherr Fritz Meies. "Wenn ich dort die Lange Straße entlanggehe, bekomme ich Bauchschmerzen. Ich sehe keine Geschäfte und treffe keinen Menschen. Was in Dülken passiert ist, darf in Viersen nie passieren." Vielleicht müsse die Politik andere Ziele für die Innenstadt definieren, mehr in Richtung Kultur denken. Samstags treffe er dort häufig Menschen aus Mönchengladbach, die die Schönheit von Viersens Fußgängerzone lobten und auch den Umstand, dass samstags das Parken gratis ist. Rettler hingegen hatte konkrete Verbesserungsvorschläge aus dem Kreise seiner Kundschaft: "Mütter mit Kindern äußern die Kritik, dass auf der gesamten Hauptstraße kein Spielgerät für Kinder ist. Das würde die Verweildauer in der Fußgängerzone erhöhen. Da sind andere Städte weiter als wir." Gastronomie im nördlichen Teil der Fußgängerzone sei ein "mittelprächtiges Problem", so Rettler: "Viele Kunden aus Mönchengladbach sagen: Ihr habt eine schöne Stadt, wird würden gerne länger bleiben - wo ist ein nettes Café?" Samstagsnachmittags, am für Einzelhändler stärksten Tag, würden die Cafés bereits um 13 Uhr schließen. Ein weiteres Problem, das insbesondere Kundinnen in der dunklen Jahreszeit hätten: ein mangelndes Sicherheitsgefühl. "Ab 17.30 Uhr haben wir Zustände wie auf der Lange Straße in Dülken. Kundinnen sagen mir: Es ist dunkel, ich komme nicht mehr, ich habe Angst."

(mrö)
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