Lokalsport "Für mich war 2015 eine totale Berg- und Talfahrt"

Viersen · Judoka Marc Odenthal (24) startete stark, hatte ein Tief, schaffte aber die Wende und hofft nun auf Olympia.

Wenn ich über mein Jahr 2015 schreibe, muss ich zunächst auf 2014 schauen. Nur dann kann man verstehen, warum das vergangene Jahr war wie es war. 2014 war für mich sehr erfolgreich. Ich habe mich bin in die Top-Ten vorgekämpft. Daraus ergaben sich natürlich Erwartungen für 2015. Es ging vor allem um die Olympia-Qualifikation. Ich muss gestehen: 2015 war eine totale Berg- und Talfahrt.

Ich hatte einen super Start in gewohnten Gefilden. In der Bonner Hardtberghalle habe schon als Junge gekämpft, es war quasi ein Heimspiel. Ich bin dort Deutscher Meister geworden - zum ersten Mal. Und das an meinem 24. Geburtstag! Es war großartig. Danach lief es aber sehr bescheiden. Beim Grand-Prix in Düsseldorf, bei der EM in Baku - eigentlich waren es sechs, sieben Turniere am Stück, bei denen ich nicht gut drauf war. Dazu kamen haarstäubende Kampfrichter-Entscheidungen gegen mich. Ich bin aus den Top Ten rausgerutscht. Irgendwann spielt auch der Kopf nicht mehr mit, und man hinterfragt sich bei jeder Aktion. Wegen des Tiefs wurde ich nicht für die WM nominiert - ausgerechnet im vorolympischen Jahr. Es war sehr bitter.

So konnte es nicht weitergehen. Ich habe mir eine Auszeit genommen, auch der Bundestrainer gab mir den Rat: Du musst in Ruhe trainieren, um wieder in die Spur zu finden. Ich habe mir das zu Herzen genommen und in Gladbach mit Stefan Küppers einige Wochen einfach mal nur trainiert, auch Andreas Tölzer war oft da. Wir haben an den Schwächen, die wir ausgemacht hatten, gearbeitet. Ganz ohne Druck und Wettkampfstress. Es war eine wichtige und intensive Zeit, die gut getan hat. All das zeigte in Usbekistan gleich Wirkung. Ich habe meinen ersten Grand-Prix gewonnen. Nebenbei gab es 300 Punkte für die Olympia-Quali. Es war die Wende. Auch bei den Grand Slams in Paris und Abu Dhabi lief es gut und ich habe weiter Punkte gesammelt.

Die Olympischen Spiele in Rio sind mein Ziel. Was die Punkte angeht, bin ich schon qualifiziert. Allerdings gilt das auch für Aaron Hildebrandt. Und es kann nur einer von uns nach Brasilien reisen. Ich liege knapp vorn, aber die Entscheidung fällt bei der EM 2016. Es bleibt also spannend. Bis dahin muss ich etwas Energie auftanken. 2015 war ein wichtiges Jahr für mich, aber sportlich und emotional sehr anstrengend. Ich musste mich aus dem Tief rausziehen. Zum Glück hatte ich gute Leute an meiner Seite, die mir geholfen haben. Mein Trainer Stefan Küppers, unser Präsident Erik Goertz und Andi Tölzer. Sie haben dazu beigetragen, dass ich weiter von Olympia träumen darf.

Sollte ich Olympia verpassen, werde ich mich irgendwo verkriechen, wo es keinen Fernseher gibt. Ich könnte es, das gestehe ich, nicht ertragen, mir die Spiele, die ich verpasst habe, anzusehen. Aber ich werde alles dafür tun, den 1. JC im August 2016 in Rio zu vertreten.

(RP)
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