Fußball "Mit dieser Mannschaft steigen wir nicht ab"

Viersen · Bis vergangene Woche war nicht einmal sicher, dass Steve Jäck überhaupt einen Trainerjob beim Fußball-Landesligisten 1. FC Viersen antreten würde, am Dienstag wurde er der Mannschaft als Nachfolger des am Sonntag entlassenen Willi Kehrberg präsentiert.

 Steve Jäck, Nachfolger von Willi Kehrberg beim Fußball-Landesligisten 1. FC Viersen, stattete vor seinem ersten Spiel als Trainer der Viersener in Velbert der RP-Redaktion einen Besuch ab.

Steve Jäck, Nachfolger von Willi Kehrberg beim Fußball-Landesligisten 1. FC Viersen, stattete vor seinem ersten Spiel als Trainer der Viersener in Velbert der RP-Redaktion einen Besuch ab.

Foto: Franz-Heinrich Busch

Herr Jäck, fühlen Sie sich ein bisschen wie im Traum?

Jäck Irreal fühlt sich das aktuell nicht an. Es bleibt aber auch nicht wirklich viel Zeit, darüber nachzudenken. Für mein Umfeld war aber schon immer klar, dass es mal so kommen würde, weil ich ein Fußballverrückter bin. Es gibt außer Familie und Arbeit nichts, was wichtiger für mich wäre.

Bis vorige Woche hatten Sie noch keine Station im Seniorenfußball und jetzt sind Sie Cheftrainer bei so einem Traditionsverein wie dem 1. FC Viersen.

Jäck Ich habe tatsächlich vergangene Woche nur zweimal mit dem Sportlichen Leiter Ronny Mustac gesprochen, weil ich interessiert daran war, die zweite Mannschaft zu übernehmen. Das hätte ich gemacht, weil es der 1. FC Viersen ist. Aber auch wenn die Kreisliga A eine Herausforderung wäre, hätte mir das auf Dauer nicht gereicht. Mein Ziel ist am Ende sogar die Ausbildung als Fußballlehrer. Ich weiß, das hört sich unrealistisch an. Aber vor einer Woche hätte auch niemand gedacht, dass ich Trainer der Viersener Landesligamannschaft werde. Was das Thema Tradition anbelangt, habe ich in der aktuellen Lage keine Zeit, um mir darüber Gedanken zu machen.

Sie leben schon ein paar Jahre in Viersen. Haben Sie das Geschehen am Hohen Busch schon länger verfolgt?

Jäck Zunächst habe ich zwei Jahre in Krefeld gelebt, seit fünf Jahren wohne ich jetzt in Viersen. Vor vier Jahren habe ich schon mal auf indirektem Weg den Kontakt zum Verein gesucht, habe ihn dann aber nicht konkretisiert. Ich habe mir auch ein paar Spiele angeguckt und auch verfolgt, was beim 1. FC Viersen so passiert.

Am Dienstag haben Sie sich der Mannschaft vorgestellt. Wie haben Sie das erlebt?

Jäck Das war eine sehr unglückliche Situation. Ich bin Willi Kehrberg kurz begegnet, wir haben uns die Hand geschüttelt, mehr aber auch nicht. Wenn man weiß, wie lange er im Verein war, beschäftigt einen das schon. Aber ich war nicht auf seinen Job aus. Und wenn ich nicht da wäre, würde es jemand anders machen. Deswegen ist das jetzt nicht mein Thema, ich habe andere Aufgaben. Mein Fokus lag von Beginn an darauf, so schnell wie möglich die Mannschaft kennenzulernen.

Wie haben die Spieler reagiert?

Jäck Für die Spieler ist es natürlich total doof, wenn sich um 18 Uhr der alte Trainer verabschiedet und sich um 18.30 Uhr der neue Trainer vorstellt. Ich war selber Spieler, ich weiß, wie die Jungs sich da gefühlt haben. Ich hätte großes Verständnis dafür gehabt, wenn sie überhaupt keine Lust gehabt hätten zu trainieren. Wir haben dann aber noch ein ganz gutes Kennenlerntraining gemacht, bei dem ich mir viele Spieler rausgepickt habe, um Gespräche zu führen. Positiv war, dass ich Spieler habe lachen sehen.

Wie sind Ihre Eindrücke nach den ersten Trainingseinheiten?

Jäck Meine Meinung hat sich im Vergleich zu den Eindrücken aus dem Spiel gegen Mettmann nicht geändert. Ich kann absolut nicht verstehen, wieso wir da unten drinstehen. Mit dieser Mannschaft steigen wir nicht ab. Aber mein Ziel ist ohnehin nicht der Klassenerhalt. Ich will so schnell wie möglich unten raus, um nicht bis zum Schluss zu zittern. Ich habe mir noch keine Sekunde Gedanken darüber gemacht, dass wir nächste Saison nicht Landesliga spielen.

Wo sehen Sie die Hebel, an denen Sie ansetzen können?

Jäck Im Spiel gegen Mettmann habe ich gesehen, dass Viersen die bessere Mannschaft war, aber trotzdem verloren hat. Es hat der letzte Tick gefehlt, es hat an Selbstvertrauen gemangelt. Dieses Selbstvertrauen müssen sich die Jungs aber auf dem Platz holen. Ich kann nur dafür sorgen, dass sie sich wohlfühlen, damit sie gerne zum Training und zum Spiel kommen. Ich bin überzeugt, wer gerne seinem Hobby nachgeht, tut das erfolgreicher. Mit Wille, Leidenschaft und Spaß gelingt so viel. Zudem müssen wir mehr als Mannschaft auftreten. Ich brauche jeden einzelnen Spieler, jeder muss sich ins Gefüge einbringen.

Haben Sie schon eine Vorstellung, wie Sie die Partie gegen Velbert angehen wollen?

Jäck In der Kürze der Zeit können wir auf dem Platz natürlich wenig im taktischen Bereich machen. Gerade auch mit Blick auf die englische Woche. Da werden wir wohl mehr an der Taktiktafel arbeiten und reden. Was in der Vergangenheit war, weiß ich nicht. Ich habe meinen eigenen Stil und Ideen, die aber noch nicht ausgereift sind. Klar ist aber, dass wir nicht zu einem Gegner fahren können, der über 50 Tore erzielt und nur 26 kassiert hat, und sorglosen Hurra-Fußball spielen. Velbert hat doch auch mitbekommen, was in Viersen passiert ist. Die denken bestimmt, dass die uns abschießen können. Dennoch fahren wir da hin, um drei Punkte mit nach Hause zu nehmen.

Und wie sieht's mit einem System und der Startelf aus?

Jäck Ich habe natürlich für Samstag schon Ideen, wo ich einzelne Spieler sehe. Aber in meiner Situation ist es echt schwer, ein System und eine erste Elf festzulegen. Aktuell ist es so, dass bei jedem System in meinem Kopf eine Position offenbleibt. Bei den Spielern stimme ich mich eng mit Co-Trainer Heinz Vossen ab, der hilft mir enorm. Ich will ja als Neuer nicht alles im Alleingang bestimmen und alles Bisherige über den Haufen werfen.

Hätten Sie sich nicht einen einfacheren Einstieg ins Trainergeschäft gewünscht?

Jäck Man könnte sagen, dass das in unserer Situation zwei Bonusspiele sind. Aber das widerspricht meiner Philosophie. Meine Freundin sagt immer, dass man nur die Herausforderung bekommt, die man auch meistern kann. Ich kann den Spielplan nicht ändern, sondern versuche, das Beste daraus zu machen.

Was macht Sie zuversichtlich, dass Sie Ihren Auftrag in Viersen erfüllen können?

Jäck Ich bin selbstbewusst, sonst wäre ich für diese Aufgabe der Falsche. Natürlich wäre es ein Erfolg, wenn wir am Ende die Klasse halten. Aber das ist zu weit weg, es sind ja noch zwölf Spiele. Auch wenn es eine gern benutzte Phrase der Profis ist: Für uns ist es das Beste, wenn wir von Spiel zu Spiel denken.

Ihr Vertrag läuft bis 2018. Sie bleiben also auch, wenn Sie doch mit dem Team absteigen?

Jäck Das hat der Verein natürlich vorher abgeklärt. Ich sehe uns in der Landesliga, aber wenn es dann doch passieren sollte, würde es mich auch in der Bezirksliga geben. Für mich ist das Projekt entscheidend. Mein Ziel ist es, die Mannschaft und die Spieler zu verbessern, und das geht nur über einen längeren Zeitraum.

(RP)
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