Olympische Geschichten Olympia-Premiere mit 44 Jahren

Viersen · Der Deutsch-Ägypter Adel Massaad spielt beim Tischtennis-Regionalligisten ASV Süchteln. Mit 44 Jahren nahm er in Peking an Olympia teil, mit 48 in London. 1992 war er ebenfalls qualifiziert, aber da hatte der ägyptische Verband kein Geld fürs Team.

VIERSEN Peking, London und jetzt Rio de Janeiro: Die Austragungsstätten der Olympischen Spiele der Jahre 2008, 2012 und 2016 könnten gut und gerne die Stationen einer erfolgreichen sportlichen Karriere markieren, mit dem krönenden Abschluss in der zweitgrößten Stadt Brasiliens. Vermutlich gibt es zahlreiche Athleten, die in den Dreißigern angekommen, mit den Spielen am Zuckerhut ihre sportliche Laufbahn beenden werden.

Ganz anders sieht es bei Adel Massaad aus. Der Deutsch-Ägypter, der aktuell in der Verbandsliga-Mannschaft des ASV Süchteln spielt, war erstmals im "zarten Alter" von 44 Jahren bei den Olympischen Spielen in China dabei. Nachdem er zudem vier Jahre später in London war, hatte sich Massaad auch für die im August beginnenden Spiele in Rio Hoffnungen auf eine Teilnahme gemacht. Als erfahrener Doppelspieler hätte er gerne die ägyptische Mannschaft unterstützt.

Die verpasste aber die Team-Qualifikation. "Als Aktiver habe ich daher keine Chance, in Rio mitzumischen", sagt Massaad. "Ich bin aber in Gesprächen mit dem ägyptischen Verband, der mich gerne als Betreuer dabei haben möchte." Zu diesem Zweck ist Massaad vor einigen Tagen nach Kairo gereist. Ein Ergebnis steht noch aus. Bereits im Jahre 1992 stand Massaad vor seiner ersten Teilnahme an Olympischen Spielen. Als Afrika-Meister hatte er sich sportlich für die Spiele in Barcelona qualifiziert.

Weil dem Nationalen Olympischen Komitee von Ägypten aber das Geld fehlte, musste Ägyptens Sportminister eine harte Entscheidung fällen: Massaad und einige andere Sportler durften nicht nach Barcelona fahren. Gut 16 Jahre später gehörte der Medizin-PR-Experte quasi schon zum "alten Eisen". Und jenseits der 40 träumen Sportler eigentlich nicht mehr von einer Olympia-Teilnahme. Auch Massaad hatte 2008 seit zehn Jahren nicht mehr unter professionellen Bedingung trainiert oder gar gespielt.

"Mich hat fasziniert, wie Henry Maske 2007 nach zehnjähriger Wettkampfpause gegen Virgil Hill gewann", sagte Adel Massaad damals. "Da kam in mir die Frage auf, was ich noch aus meinem Körper herausholen könnte." Dabei stand für ihn nicht im Vordergrund, dem Alter ein Schnippchen zu schlagen oder den Kampf gegen die biologische Uhr aufzunehmen. Wie die deutsche Box-Legende bereitete er sich akribisch auf sein Comeback vor. "Jedes Lebensalter hat seine schönen Seiten.

Ich möchte nichts zurückdrehen", betont Massaad vehement und möchte damit deutlich machen, dass es ihm nicht darum geht, die Realität zu leugnen, sprich einen Windmühlenkampf gegen sein Alter zu führen. "Ich will aber auch nicht, dass andere mir erklären, wann ich alt bin", sagt der Ex-Profi. "Schließlich ist jung sein, auch kein Garant für Leistung." Zumal ihm einige Regeländerungen der vergangenen Jahre entgegen kommen.

Mit dem größeren Ball (40 statt 38 mm Durchmesser) und der Verkürzung der Sätze von 21 auf 11 Gewinnpunkten, können ältere Sportler eher mit den Jüngeren mithalten. Die Lust auf Leistungsvergleiche ist es, die ihn antreibt. Und wo sonst ist die Leistungsdichte so hoch, wie bei Olympia. Hier haben alle Teilnehmer nur ein Ziel: die Goldmedaille zu gewinnen. "Der Wille, Höchstleistung abzuliefern, macht einen Teil der faszinierenden Atmosphäre während der olympischen Spiele aus", erklärt Massaad.

Hinzu kommt natürlich die Begegnung mit den zahlreichen Sportlern aus anderen Sportarten. Am Büffet Sportgrößen wie Usain Bolt zu treffen, ist auch für einen weit gereisten Athleten ein besonderes Erlebnis. Für Adel Massaad waren die Spiele in Peking "The Best Games ever". "Die Organisation war perfekt, die Sportstätten vorbildlich und die Menschen stets freundlich", berichtet er. In London, wo er auf einen Einsatz zugunsten eines jüngeren Spielers verzichtet hatte, waren es nach seiner Einschätzung "nur" gute Spiele.

Für die Spiele in Südamerika ist er wenig optimistisch. Insbesondere das durch Stechmücken übertragbare Zika-Virus könnte zu erheblichen Problemen führen. "Ich verstehe, wenn sich einige Sportler gegen die Reise nach Rio entscheiden", sagt er. "Ich würde aber das Risiko auf mich nehmen." Die ägyptischen Farben im Tischtennis-Wettbewerb der Herren werden von den beiden Brüdern Omar und Khalid Assar vertreten. Omar Assar wird aktuell auf Rang 41 der Weltrangliste geführt und ist damit der am zweithöchsten platzierte Afrikaner.

"Die Weltspitze ist enger zusammen gerückt, daher wird es sicherlich einige Überraschungen geben", sagt Massaad. "Ich glaube, dass Omar eine gute Rolle spielen wird." Der Afrika-Meister hat Anfang Februar bei den German-Open gegen den deutschen Nationalspieler Dimitrij Ovtcharov bei der knappen 3:4-Niederlage einen starken Eindruck hinterlassen.

(hw)
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