Fußball Union-Kicker kennt die Geschichten der Flüchtlinge

Nettetal · Schon vor acht Jahren flüchtete Raed Bko aus Syrien. Der Fußball hat ihm geholfen, sich in seiner neuer Umgebung zurechtzufinden. Seit vergangener Saison kickt er für Union Nettetal in der Landesliga. Inzwischen hilft er auch seinen Landsleuten, die vor dem Bürgerkrieg in der Heimat in Deutschland Schutz suchen.

In einer Mischung aus Arabisch, Englisch, Niederländisch, Griechisch und ein paar Brocken Deutsch wandert Raed Bko zwischen den Welten. Vor acht Jahren flüchtete der Fußballer aus Syrien, inzwischen hat er bei VVV Venlo und Union Nettetal eine neue Heimat gefunden. Beim Fußballtraining für Nettetaler Flüchtlinge bei Grenzland-Fitness in Nettetal baut der 28-Jährige als Dolmetscher nun auch Brücken zwischen den Kulturen.

Raed Bko kennt die Geschichten der Flüchtlinge. Es ist immer auch ein Stück weit seine Geschichte, obwohl er schon vor dem Ausbruch des Bürgerkrieges im Jahr 2011 seiner syrischen Heimat den Rücken kehrte. "In Syrien müssen alle Männer mit 18 Jahren zur Armee. Aber ich wollte nicht zum Militär", sagte der heute 28-Jährige rückblickend. Eine Alternative zum 24-monatigen Wehrdienst gab es nicht. Und so entschied sich Bko, der aus Aleppo stammt - nach Damaskus die zweitgrößte Stadt in Syrien -, vor acht Jahren zur Flucht. Der junge Mann war damals Nationalspieler seines Landes, er kickte in der ersten syrischen Liga und ließ alles zurück - Familie, Freunde und die Karriere als Nationalspieler. "Nein", sagt er voller Überzeugung, "ich kann nicht zurückgehen."

Seine erste Anlaufstation nach der Flucht in Europa war Griechenland. Schon damals half ihm der Fußball, Bko kam bei Ilysiakos AO in der zweiten griechischen Liga unter. Von dort wechselte er innerhalb der Spielklasse zu AO Egaleo und Panelefsiniakos. 2012 wagte der Mittelfeldspieler den Schritt in die Niederlande. In der Saison 2012/13 spielte er für HVV Hollandia. Über den EVV Echt landete er 2014 bei Union Nettetal. Beim Landesligisten beackert er im Mittelfeld die rechte Seite. "Ich bin sehr froh, in Nettetal zu sein. Die Menschen sind sehr freundlich. Wir haben wirklich eine gute Beziehung", sagt Bko.

Die Landesliga habe ein gutes Niveau. Im Vergleich der verschiedenen Länder, in denen er aktiv war, liege der Level in Deutschland höher. Der Fußball werde in Deutschland und in den Niederlanden sehr viel professioneller betrieben als in seiner syrischen Heimat.

Raed Bko scheint richtig angekommen zu sein. "Seit zwei Jahren lebe ich in einem Appartement in den Niederlanden", sagt er. Der Fußball hat an seiner schnellen Integration einen großen Anteil. Denn neben seinem Engagement bei Union Nettetal stieg Raed Bko bei VVV Venlo ein. Dort trainiert er eine Jugendmannschaft. Damit startet er eine neue Etappe in seinem Leben. Raed Bko hatte in Syrien ein Sportstudium begonnen, das er mit der Flucht zwangsläufig abbrechen musste. Der Sport aber fasziniert ihn nach wie vor. Bko arbeitet daran, in den Niederlanden seine Lizenz als Fußballcoach zu bekommen, um später als Trainer arbeiten zu können.

"Die erste Voraussetzung war, dass ich die niederländisch spreche. Das klappt jetzt gut", meint Bko. Er verständigt sich mittlerweile in fünf Sprachen und hat am eigenen Leib erfahren, wie wichtig das ist. "Ohne die Sprache geht es nicht. Man braucht aber auch die Leidenschaft und den Willen, es in einer neuen Kultur mit neuen, anderen Regeln schaffen zu wollen", ist Bko überzeugt.

(wiwo)
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