Viersen Sprayer-Kunst gegen graue Wände

Viersen · Am Wochenende erschufen Dutzende von Jugendlichen und jungen Erwachsenen unter dem Titel "Viersen lebt" ein riesiges Graffiti an der neuen Brücke am Erschließungsring.

 Graffiti-Künstler und Schüler benutzten die eintönig, grauen Wände der neuen Eisenbahnbrücke als Leinwand für ihre kreativen Ideen.

Graffiti-Künstler und Schüler benutzten die eintönig, grauen Wände der neuen Eisenbahnbrücke als Leinwand für ihre kreativen Ideen.

Foto: Busch

"Zuerst den Hintergrund sprühen. Es ist wie in der Malerei. Dort arbeitet man sich auch von hinten nach vorne vor, um Tiefe zu erhalten", erklärt Johannes Veit und greift selber zur Sprühdose. Mit gezielten Spraystößen zeigt der Mönchengladbacher Künstler, was er meint. Sekunden später scheint die Silhouette von Erasmus von Rotterdam plastisch aus der Betonwand herauszuragen. Kaum hat er die Dose wieder an zehnjährige Anna übergeben, schweifen seine Augen nach links, wo die gleichaltrige Anna Marie gerade mitteilt, sie sei fertig. Kopfschütteln von Veit. "Nein, das bist du noch nicht. Jetzt müssen die Buchstaben noch alle mit Farbe gefüllt werden. So sieht das noch nach nichts aus", sagt Veit und erklärt die Technik, um den flach wirkenden Schriftzug "EvR" mit Leben zu füllen. Auch Lara hört aufmerksam zu, schließlich hat sie sich ebenfalls für den Schriftzug "Erasmus" samt Regenbogen entschieden. Alle drei Mädchen, die am Graffiti-Workshop teilnehmen, wollen ihrer Schule, dem Erasmus von Rotterdam Gymnasium, bei der Viersener Graffiti-Aktion an der neuen Eisenbahnbrücke neben dem Bahnhof ein kleines Denkmal setzen.

Tobias hat sich ebenfalls für ein Stück Heimat entschieden. Der 16-Jährige, der schon sehr geschickt mit der Spraydose umgeht, lässt den Bismarckturm entstehen. "Allerdings getreu dem Motto QViersen lebtQ mit Armen und Augen", verrät er schmunzelnd.

Während an der trapezförmig zulaufenden Seitenwand der neuen Unterführung die jungen und noch unerfahren Sprayer die verschiedenen Graffititechniken erlernen, brauchen dies die Künstler im eigentlichen Unterführungsteil nicht mehr. Dort sind die Profis am Werk. An den über vier Meter hohen Wänden wechseln sich gigantische Schriftzüge mit Motiven ab. Begleitet von Rap-Musik ist nur das gleichmäßige Klock Klock zu hören, wenn die Sprayer die Dosen schütteln, um die Lack- und Pigmentinhalte zu vermischen. Dass über ihren Köpfen in regelmäßigen Abständen Personen- und Güterzüge donnern, stört keinen bei der Arbeit. "Die Aktion ist phantastisch. Sie zeigt uns, dass unsere Arbeiten als Graffiti-Künstler akzeptiert werden", bemerkt Tom Hewelt, unter dessen Händen gerade ein riesiges Porträt entsteht, das fließend in einen Schriftzug des benachbarten Künstlers übergeht.

"Wir haben die Unterführung in sechs Parzellen zu je elf Meter Länge aufgeteilt. Sechs Teams aus ganz Deutschland sind im Einsatz. Dazu kommen die Seitenwände, die von unseren Workshop-Teilnehmern, Sprayern aus der Viersener Szene und dem Gymnasium Korschenbroich genutzt werden", informiert Viersens Streetworker Daniel Kruppa. Was ihn dabei besonders freut, ist díe Neugierde der Viersener: Immer wieder bleiben vorbei kommende Menschen stehen und schauen den Sprayern zu.

"Es ist eine coole Sache", sind sich Monika, Nikolai und Saskia einig, die zu den acht Gymnasiasten aus Korschenbroich gehören. Sie haben Pappschablonen auf den hinteren Unterführungsbogen geklebt, die nun besprüht werden. "Die Schablonen kommen zum Schluss weg und dann wandern all diese Figuren durch eine Art All auf ein schwarzes Loch zu", informiert Kunstlehrer Achim Zielinski, der mit den Schülern den Entwurf plante.

(tref)
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