Brüggen Nur Mutter Heike setzt heute auf Jogis Elf

Viersen · In den meisten Familien ist es ganz normal, dass man bei einem EM-Fußballspiel gemeinsam das heimische Team anfeuert. Bei den Johnstons in Brüggen wird es heute um 18 Uhr spannend. Dann spielt Nordirland in Paris gegen Deutschland. Vater David und Sohn Kian Johnston sind nämlich beide in Nordirland geboren, Mutter Heike ist in Deutschland geboren.

In den meisten Familien ist es ganz normal, dass man bei einem EM-Fußballspiel gemeinsam das heimische Team anfeuert. Bei den Johnstons in Brüggen wird es heute um 18 Uhr spannend. Dann spielt Nordirland in Paris gegen Deutschland. Vater David und Sohn Kian Johnston sind nämlich beide in Nordirland geboren, Mutter Heike ist in Deutschland geboren.

Allerdings: Die ganze Familie ist fußballbegeistert und verfolgt zumindest bei Europameisterschaften oder Weltmeisterschaften die Spiele. Kian spielte selbst bis vor kurzem noch in der C-Jugend. Er ist noch der Ruhigste, wenn gemeinsam ein Spiel vor dem Fernsehen verfolgt wird. Über seine Mutter sagt er: "Sie brüllt den Spielern Kommentare zu, feuert sie an und haut sich auf die Oberschenkel, wenn etwas mal nicht so gut läuft." Heike Johnston gibt zu, mitunter laut zu werden und mit der deutschen Mannschaft mitzufiebern. "Ich bin ja auch für Nordirland. Aber wenn die gegen Deutschland spielen, dann bin ich selbstverständlich für die deutsche Mannschaft", sagt sie lächelnd. "Ich bin dann auch sehr emotional. Zuhause bin ich mit drei Brüdern und einem fußballbegeisterten Vater groß geworden. Da spult sich bei mir ein Verhalten ab, wie ich das aus der Jugend her noch kenne - und ich identifiziere mich schon sehr mit der deutschen Mannschaft." Der 15-Jährige Kian wünscht Nordirland den Sieg und wundert sich über so viel Enthusiasmus seiner Mutter. "Die hören meine Mutter doch gar nicht, wenn sie was kommentiert und hier laut wird. Sie nimmt das zu ernst." Bisher ist die Familie noch nie in eine solche Situation gekommen, dass Nordirland in einer Europameisterschaft gegen Deutschland antritt, dies ist die erste EM-Qualifikation für das kleine Land. David Johnston hält zu Nordirland und auch zu Irland, die in der Gruppe E spielen. "Für uns ist Irland einfach Irland. Wir identifizieren uns mit der gesamten Insel." Auch wenn Nordirland die schöneren Trikots hat, wie Kian ergänzt. Allerdings kann auch Vater David beim Fußball sehr emotional werden: "Ich ärgere mich dann schon, wenn etwas beim Spiel dumm gelaufen ist oder ein Fehlpass passiert. Vor allem bei einer verpassten Torchance." Natürlich hat er auch den nordirischen Torwart Michael McGovern im Blick, der - wie David Johnston selbst - aus Enniskillen stammt.

Johnston ist sehr stolz darauf, dass Nordirland mit knapp zwei Millionen Einwohnern so viele gute Spieler hat und ein gutes EM-Debüt abgeliefert hat. David und Kian haben auch taktische Überlegungen. Im Spiel Deutschland gegen Polen sympathisierten sie mit Polen, weil sie sich dadurch einen Vorteil für die nordirische Mannschaft erhofften, wenn Polen gewonnen hätte.

Aber Streit wegen Fußball gibt es in der Familie nicht. "So weit geht's nicht", sagt Heike Johnston mit einem Lachen. "Nordirische Fans sind die beliebtesten Fans der Europameisterschaft", findet David Johnston und argumentiert: "Sie sind hilfsbereit und friedlich und feiern auch gemeinsam mit gegnerischen Fans. Ich bin sehr stolz darauf. Das gibt ein gutes Zeichen für alle Iren." Er denkt auch an den Religionskonflikt in Irland und hofft, dass die Europameisterschaft, wo Irland und Nordirland antreten, die grünen Inselbewohner mehr zusammen bringt, wenn wenigstens eine der beiden Mannschaft weiter kommt.

David und Kian Johnston tippen beide ein 2:1 für Nordirland am heutigen Dienstag. "Auf keinen Fall", protestiert Heike Johnston. "Das gibt ein 3:1 oder 4:1 für Deutschland. Wir gewinnen." Ihr Mann begründet seinen Tipp: "Nein! Guck mal, wie selbstbewusst die Nordiren geworden sind." Kian schaut zu seiner Mutter rüber und sagt: "Da geht heute die Post ab." Und auch sein Vater meint: "Das wird spannend."

Die Couchplätze im Wohnzimmer werden auf jeden Fall vorsichtshalber mit etwas Distanz aufgeteilt: Deutschland erhält die kleine seitliche Couch und Nordirland darf heute auf dem großen Sofa Platz nehmen. Birgit Sroka

(RP)
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