Viersen Sterben in Würde - eine Aufgabe für alle

Viersen · Der Katholikenrat lud zur Podiumsdiskussion um das Thema "Aktive Sterbehilfe" ein. Mehr 100 Interessierte kamen.

Aktuell läuft noch die "Woche für das Leben 2015". Zum Leben gehört der Tod dazu und damit auch die derzeit vieldiskutierte aktive Sterbehilfe. "Aktive Sterbehilfe - Herausforderung für Christen" hieß es so jetzt im Viersener Remigiushaus. Eingeladen hatte der Katholikenrat in der Region Kempen-Viersen in Kooperation mit dem KKV-Viersen und der Kolpingsfamilie Dülken. "In Deutschland sind viele Menschen unheilbar krank. Sie haben Schmerzen und erleben kaum Hilfe. Sie möchten ihr Leben beenden. Wer hätte kein Verständnis für Menschen, die sich selbst töten oder töten lassen möchten? Aber es ist ein Denkfehler", führte Altfrid Spinrath vom Katholikenrat, der zusammen mit Gabi Terhorst moderierte, in den Abend ein.

Spinrath verdeutlichte, dass es in Deutschland an einem Ausbau der Palliativmedizin fehlt. Würde diese konsequent und strukturiert mit den dafür benötigten Mitteln ausgebaut, so wäre ein Sterben in Würde gegeben. Momentan ist es so, dass 0,3 Prozent des medizinischen Etats in die Palliativmedizin fließt. Was genau Palliativmedizin ist, welche Möglichkeiten dort gegeben sind, erläuterte Dr. Elsbeth Steinfort, die am Nettetaler Krankenhaus die Palliativstation mitaufgebaut hat. "Menschen, die auf unsere Station kommen haben quälende Symptome der unterschiedlichsten Art. Wir leisten eine Symptomkontrolle", sagte die Medizinerin. Wobei sie anfügte, dass Sterben in Würde eine Aufgabe für alle und damit ein gesellschaftliches Problem sei. Die Palliativmedizinerin sprach von der Angst der Menschen, die Würde zu verlieren. "Die Menschen zweifeln an ihrer Bedeutung, wenn sie krank sind und Pflege benötigen. Sie leiden darunter, die Selbstständigkeit zu verlieren. Doch Leistung und Selbstbestimmung machen nicht die Würde eines Menschen aus. Es kommt vielmehr auf die Achtsamkeit anderer Menschen an", betonte Hospizseelsorger Pfarrer Hans Russmann. Wenn er am Kaarster Kreuz im Stau stünde, sei er auch nicht mehr selbstbestimmt, bemerkte er ironisch. Achtsamkeit erfahren sterbende Menschen unter anderem durch die Hospize.

"Es ist auch so, dass man von Sterbenden ganz viel lernen kann. In der Hospizarbeit ist es ein Geben und Nehmen. Aber in der Regel bekommt man viel mehr zurück, als man gibt. Bei jeder Begleitung passiert etwas mit dem Begleitenden", beschrieb Gerda Kretschmann von Hospizinitiative Viersen die Arbeit, die im Kreis Viersen von über 60 Ehrenamtlern in sieben Ortsgruppen geleistet wird. Wie schwierig das Thema an sich ist, machte SPD-Bundestagsmitglied Udo Schiefner deutlich. Sterben in Würde ist der Ansatz. Damit geht gleichzeitig die zentrale Frage ein, wie kann mit Hospizarbeit und Palliativmedizin ein Mensch so betreut werden, dass er in Würde sterben kann. "Wenn wir im Herbst abstimmen werden, dann weiß ich noch nicht, wie ich mich äußern werde. Es ist eine Gewissensentscheidung, bei der mir Veranstaltungen wie diese helfen, weil sie mir neue Gedanken mit auf den Weg geben", sagte Schiefner. Wichtig ist ihm der Referentenentwurf zur Stärkung der Palliativmedizin und der Hospizinitiativen.

Hans-Henning von Bassewitz, Richter am Oberlandesgericht a. D, ging auf die Komplexität in Sachen rechtlich zulässig oder nicht ein. "Wenn Schmerzmedikamente, die das Leben verkürzen, gegeben werden, ist das nicht strafbar. Wird medizinische Hilfe verweigert, ist das strafbar. Die passive Sterbehilfe wie zum Beispiel in Form des Abschaltens von Geräten, wenn entsprechende Patientenwillen vorliegen, ist relativ zulässig", erklärte von Bassewitz. Dr. Steinfort wies in diesem Zusammenhang auch auf die Möglichkeiten wie Therapiebegrenzungen und palliative Sedierung im Sterbensprozess hin. Eins wurde bei der Podiumsdiskussion deutlich, das Thema bewegt und es gibt keine einheitliche Lösung, die alle zufriedenstellt.

(tref)
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