Kreis Viersen Streit um Besetzung des Ausschusses

Kreis Viersen · Die Einsetzung des Entnazifizierungsausschusses ging nicht geräuschlos vonstatten. Gebildet wurde er auf Grund der politischen Zusammensetzung des Kreistages. Das stieß auf hartnäckigen Widerstand des linken Lagers. KPD und SPD reklamierten für sich einen stärkeren Einfluss in dem Gremium, weil sie sich als die am meisten von den Nazis verfolgten Gegner empfanden.

 So sah das völlig zerstörte alte Kempener Rathaus auf dem Buttermarkt nach dem Bombenangriff 1944 aus.

So sah das völlig zerstörte alte Kempener Rathaus auf dem Buttermarkt nach dem Bombenangriff 1944 aus.

Foto: Kreisarchiv

Als Beispiel für viele die Aussage eines Kreistags-Abgeordneten: "80 Prozent aller Bürger haben dem Führer mit fliegenden Fahnen zugejubelt. Heute wollen sie entnazifizieren. Wer hat die größten Blutsopfer getragen? Die bürgerliche Masse nur zu einem ganz geringen Teil. Ich glaube, wir als Linksstehende haben das größte Recht zum Entnazifizieren." Natürlich stieß das im bürgerlichen und christlichen Lager auf Widerspruch. Beim Zentrum mochte man sich daran erinnern, was die Nazis noch 1938 wortreich dargestellt hatten, dass nämlich im Kreis Kempen-Krefeld der politische Katholizismus, die "Schwarzen", und viele einzelne Priesterpersönlichkeiten vor Ort die empfindlichsten Gegner der Nazis gewesen waren. Auf diesen Umstand bezogen hatte der NSDAP-Kreisleiter noch 1938, also nur acht Jahre vorher, geschrieben: "Das Wort ,schwarz' hat heute die Bedeutung der entehrenden Charakterisierung eines Menschen, der dem Führer und seiner Weltanschauung die Gefolgschaft versagt."

Schon im Februar 1946 ordnete der Kommandant eine Neuordnung der Entnazifizierungsausschüsse an. Für die künftigen Ausschüsse galt nach dessen Worten: "Alle Gesellschaftsklassen und alle Parteien müssen in diesem 16er-Ausschuss vertreten sein. Fabrikbesitzer, Direktoren, Angestellte, Arbeiter, Ärzte müssen nach Möglichkeit darin enthalten sein, so dass alle Sparten vertreten sind." Das sagte er bei einer Zusammenkunft in der Kommandantur, zu der die Gemeindedirektoren und Bürgermeister einbestellt waren, wobei der Kommandant auch zu erkennen gab, dass er sich intensiv mit Einzelfragen auseinandersetzte.

So erklärte er beispielsweise: "Unter den Ärzten und Rechtsanwälten hat es mehr Nazis gegeben als unter allen anderen." Eine interessante Bemerkung, die in den Berichten der Kreisverwaltung an die Kommandantur auffällt, sei schließlich zitiert: "Die aus den Ämtern entlassenen Nazis halten enge Verbindungen zueinander. Man stellt allgemein eine starke Orientierung zur KPD fest, die jedoch diese Leute grundsätzlich ablehnt."

(plp)
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